Als ich das erste mal einen Fuß auf den südamerikanischen Kontinent gesetzt habe, hatte ich mal so gar keinen Plan, was mich erwartet. Doch nach einer Weile und mittlerweile über 10 Jahren als Gast auf diesem wundervollen Kontinent entdeckte ich einiges, was mich lachend, staunend und teilweise auch ratlos zurückgelassen hat. Doch was ist eigentlich typisch Südamerika und was sollte man vor einer Reise durch den Kontinent unbedingt wissen? Hier erfährst du es:
1. Warme Duschen vs. kalte Duschen
Du bist den ganzen Tag auf den Beinen, bist Vulkane hochgekraxelt oder hast dich in bester Luis Trenker Manier kilometerweit durch die Anden geschleppt. Alles was du nun willst, ist verdammt nochmal eine warme Dusche. Doch warme Duschen sind in Südamerika so unbeständig wie das englische Wetter. Entweder du verbrühst dir die Birne oder (und das ist wesentlich häufiger der Fall) du schlotterst vor Kälte wie Scrat, das Eichhörnchen bei Ice-Age. Aber wenigstens ist ja erwiesen, das kalt duschen gesund ist und das Immunsystem stärkt. Wim Hof lässt grüßen! Auch wenn das für dich in diesem Moment nur ein kleiner Trost ist.
2. Hoch, höher, Anden
Du denkst, die Zugspitze ist hoch? Über solch lächerliche Hügel wirst du in Südamerika nur müde lächeln. Selbst das Altiplano, das andine Hochplateau zwischen Chile, Bolivien und Peru ist streckenweise so hoch wie der höchste Berg Europas, der Mont Blanc mit seinen 4.800 Metern. Der höchste Berg des amerikanischen Doppelkontinents sowie der höchste außerhalb Asiens und auf der Südhalbkugel ist übrigens der mächtige Acongagua mit stolzen 6962 Metern.
3. Toilettenpapier kommt in den Eimer
Es ist eklig, aber für Südamerikaner das normalste der Welt. Das Toilettenpapier kommt nicht in die Kloschüssel, sondern in einen eigens dafür vorgesehenen Mülleimer (der komischerweise auch immer randvoll ist) Aber kein Problem, du wirst in Hostels ständig daran erinnert (Don´t throw paper in the toilet) Mein Tipp: Habe auch immer eine Rolle Toilettenpapier im Rucksack, wenn du unterwegs bist!
4. Warning! Plastiktüten Overkill
Du wunderst dich, dass du deinen läppischen 5 Euro Einkauf mit 12 Plastiktüten durch die Gegend schleppen musst? Willkommen in Südamerika. Im Supermarkt wird alles, aber auch wirklich alles in Plastiktüten verpackt. Und diese Dinger sind so klein und dünn, dass der Einpacker gleich 3 Stück auf einmal für eine Flasche Bier verwendet. Traurig, aber wahr.
➡ Mehr erfahren: Wie du Plastik auf Reisen vermeiden kannst
5. Sei auf verschiedene Klimazonen vorbereitet
Der Inhalt deines Backpacks reicht von der Reinhold Messner Polarausrüstung bis zur hippen Bikini Kollektion? Sehr gut gemacht. Bei einer Südamerika Reise musst du nämlich auf die verschiedensten Klimazonen eingestellt sein, in manchen Gegenden ändern sich die Wetterverhältnisse sogar an einem Tag (Stichwort Patagonien). Diese praktische Südamerika Packliste hilft dir dabei, nichts zu vergessen.
6. Du wirst Brot & Käse vermissen
Auf deiner Reise wirst du schnell vergessen, wie richtiges Brot und guter Käse schmeckt. In Südamerika ist beides so geschmacksneutral wie Esspapier aus ´ner 1 Euro Wundertüte. (Ausnahme ist Patagonien, wo es richtig guten Käse gibt)
7. Eine Busfahrt, die ist lustig lang…
…und wird dein Sitzfleisch ordentlich auf die Probe stellen. Wenn du denkst, eine Busfahrt mit dem grünen Froschbus von München nach Hamburg wäre lang, dann fahre z.B. mal von Santiago nach San Pedro de Atacama. Wir sprechen uns dann nach ewig langen 22 Stunden nochmal.
8. Busfahrt, Teil zwei
In Südamerika ist es ja meistens relativ warm. In Bussen nicht. Südamerikanische Busse sind rollende Gefrierschränke. Wer auch immer die Klimaanlage im Bus reguliert – du fantasierst nach kurzer Zeit Tötungsabsichten. Und du wirst sehr schnell lernen, deine Jacke nicht im Rucksack zu verstauen und unüberlegt mit ins Gepäckfach zu werfen.
9. Unterschätze niemals die Entfernungen
“Oh, das ist ja gar nicht weit.” Ich habe meine eigenen Worte noch im Ohr. Was auf Google Maps aussieht wie eine 2-stündige Kaffeefahrt, entpuppt sich schnell als 6 aufregende Stunden in einem wackeligen Kleinbus über buckelige Schotterpisten. Spätestens nach der dritten Haarnadelkurve inklusive Todesschlucht ist der Haltegriff (sofern einer da ist) dein bester Freund.
10. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen made in Südamerika
Deine Kopfhörer haben auf der 22 Stunden Busfahrt den Geist aufgegeben und du gehst zum kleinen Elektromarkt um die Ecke. Der Laden ist leer, aber dich grinsen 5 Mitarbeiter an. WTF? Dann wird es kurios. Du suchst dir die Ware aus, einer holt sie aus dem Regal und präsentiert.
Ein Zweiter schreibt einen Zettel mit Preis und so. Der Dritte trägt die Ware zur Kasse. Ein Vierter hockt da nur rum und kassiert und der Fünfte packt dein Zeug in die obligatorische Plastiktüte (siehe Punkt 4). Kein Witz! Ich wundere mich dann nur noch, dass es keinen Sechsten gibt, der einen huckepack tragend nach draußen befördert.
11. Sei auf keinen Fall pünktlich
Pünktlichkeit ist in Südamerika nicht nur überbewertet, sondern wird auch vielerorts als unfreundlich empfunden. Also lasse diese deutsche Tugend zuhause. Man lässt dem Gastgeber nun mal angemessen Zeit, sich auf den bevorstehenden Besuch vorzubereiten. Also wenn es heißt “Sei um 20 Uhr da”, komm erst um halb 9 und du bist immer noch der Erste.
12. Auf den Hund gekommen
“Oh, ist der süß! Den will ich mit nach Hause nehmen.” Wohin du auch fährst – Straßenhunde findest du in Südamerika an jeder Ecke und in mindestens einen der Streuner wirst du dich unsterblich verlieben – versprochen!
13. Avocado zum Frühstück
Was hierzulande die Butter auf dem Frühstücksbrötchen ist, ist in Südamerika (und ganz speziell in Chile) die Avocado (oder Palta, wie man sie in Chile nennt) Schmeckt lecker, ist gesund und macht satt. Buen provecho!
14. Alles eine Frage der Improvisation
Wenn du nach Südamerika reist, wirf all deine westlichen Standards fix über Bord. Du wirst ständig mit Dingen konfrontiert, die nicht funktionieren oder nur sehr langsam vorangehen. Sei es eine nicht funktionierende Toilette, kein heißes Wasser in der Dusche, unbeständiges Internet oder ein kaputter Bus.
Die Dauer von Reparaturen kann sich über mehrere Tage Wochen hinziehen. Oft wird improvisiert und so lange etwas funktioniert, auch in diesem Zustand belassen. Wenn du dich schon über Kleinigkeiten aufregst, ist Südamerika also definitiv der falsche Ort für dich.
15. Gringo Steuer
“Ähm, wieso 4000 Pesos? Der Typ da eben hat nur 2000 Pesos bezahlt!” Wundere dich nicht, wenn du immer mehr bezahlst als die Locals. Sei es bei einer Taxifahrt, auf dem Markt oder dem Besuch eines Nationalparks. Die inoffizielle Gringo Steuer ist allgegenwärtig und wird dich wie ein treuer Freund auf deiner Reise begleiten.
16. Fußball
Südamerikaner lieben Fußball. Und zwar so richtig. Fußball ist eine verdammt emotionale Geschichte. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich war beim Copa America Gewinn der Chilenen mittendrin statt nur dabei. Wenn du in Südamerika Fußball schaust, ist es so, als würdest du mit 10 Single Frauen den Bachelor gucken. Es wird geschrien, geflucht, geweint, gelacht, umarmt und das alles in 90 Minuten. Goooooooooool!
17. Achtung, Verkehr
Ja, es gibt Straßenschilder in Südamerika. Und Ampeln. Und Tempolimits. Aber – keine Sau hält sich dran. Frei nach dem Motto: Die Straße gehört mir oder wer zuerst kommt fährt zuerst geht es auf den Straßen entsprechend chaotisch zu.
Viele scheinen zu denken, dass sie die fleischgewordene Reinkarnation von Ayrton Senna sind. Das wichtigste überhaupt ist dabei eine funktionierende Hupe. Egal wie verbeult und kaputt die Kiste ist – Hauptsache, sie kann ordentlich laut und vor allem im Sekundentakt hupen.
18. Witze über die Nachbarn
“Wie begeht ein Argentinier Suizid?“: „Er springt von seinem Ego runter.” Witze wie diese sind in Südamerika an der Tagesordnung. Es ist normal, dass man in Chile Witze über Argentinier macht (Die Chilenen machen übrigens auch gerne über sich selbst Witze), in Argentinien über Brasilianer und in Peru über Bolivianer. Und umgekehrt natürlich auch.
19. Gastfreundschaft
Was ich an Südamerika so liebe, werde ich häufig gefragt. Klar, die Natur ist außergewöhnlich schön, aber es sind vor allem die Menschen, die mich immer wieder zurückkommen lassen.
Ein aufgewecktes “De donde eres?” (Woher kommst du?) auf der Straße und du bist schnell in ein Gespräch verwickelt. Ehe man sich versieht, folgt eine spontane Einladung zum Grillen und die Vorstellung bei der gesamten Familie. Die Menschen begegnen dir in der Regel mit echtem Interesse und lieben es, dir ihr Leben und ihre Kultur näherzubringen.
20. Geld abheben (oder auch nicht)
Ja, das mit dem Geld abheben in Südamerika ist ein gemeines Glücksspiel. Ich habe schon gefühlt hunderte Kilometer zurückgelegt, um endlich an Bares zu gelangen. Weil – entweder sind die Automaten leer und werden erst übermorgen wieder aufgefüllt oder das verdammte Ding will deine Karte nicht lesen.
Wo ich zusätzlich ins Schwitzen komme – die Karten gleiten nicht sanft in den Schlitz, sondern ruckeln da rein, als gäbe es gerade ein punktuelles Erdbeben unter dem Automaten. Da hilft nur flehen: Bitte, bitte komm wieder raus…
21. Tomar Mate
Du wunderst dich, warum viele Leute in Argentinien und Uruguay mit Thermosflaschen unter dem Arm und einem komisch aussehenden Gefäß (Calabaza genannt) in der Hand durch die Gegend stolzieren? Darin befindet sich Mate-Tee, der ist in diesen Ländern allgegenwärtig. Mate ist hier mehr als ein Getränk – „tomar mate“, einen Mate zu trinken, ist Tradition und Ritual zugleich.
22. Fiesta!
Südamerikaner feiern gern, viel, in großer Gesellschaft und zu jeder sich bietenden Gelegenheit. Dann wird die Nacht zum Tag gemacht und alle Freunde und Bekannten sind dabei, oft auch ganz spontan. Dabei fangen viele Parties erst sehr spät an. Vor 0 Uhr sind die meisten Parties noch verwaist. Dann wird noch in Bars und Restaurants gesessen und sich auf die Nacht eingestimmt. Und du als ihr neuer Amigo bist selbstverständlich bei allem dabei.
23. Lama ist nicht gleich Lama!
Sie werden dir bei einer Reise durch Südamerika auf jeden Fall vor die Kamera laufen. Lamas. Doch Lama ist nicht gleich Lama. Es gibt kleine, aber feine Unterschiede bei den Neuweltkamelen.
Alpakas und Lamas sind die, die du oftmals in Verbindung mit Menschen antriffst (sehr beliebt bei Touristen in Bolivien und Peru: Lama Selfies), denn sie werden schon seit über tausend Jahren als Nutztiere gehalten. Guanakos und die kleineren und schlankeren Vicunas sind die wildlebende Form und nicht domestiziert. Sie leben in Herden in den Bergwelten der Anden.
24. Macho, Macho
Du bist eine Frau? Du bist dazu vielleicht noch blond und siehst untypisch südamerikanisch aus? Dann wundere dich nicht, wenn manche südamerikanischen Männer ihren Hormonhaushalt nicht mehr unter Kontrolle haben. Frei nach dem Motto: Wenn es unten juckt, setzt es oben aus wird dir aus Autos nachgepfiffen, gegafft, bis die Augen rausfallen oder du wirst auf der Straße mit imitierten Kussgeräuschen belästigt.
Dann heißt es cool zu bleiben & diese plumpen Anmachen einfach ignorieren. Meistens passiert das sowieso hinter deinem Rücken, weil die Kerle sich nicht wirklich trauen, dich anzusprechen. Was du gegen nervige Machos unternehmen kannst, hat Anja von Happy Backpacker treffend zusammengefasst.
Welche Erfahrungen hast du in Südamerika gemacht? Was ist für dich “typisch Südamerika”? Ich freue mich auf deinen Kommentar!
8 Kommentare
Hi, die 24 Punkte sind einfach nur wahr!!😅
Si! 😉
Hallo,
Ich bin jetzt seit ca. 8 Wochen in Brasilien unterwegs und kann viele deiner Aussagen so unterschreiben. Da ich vorhabe gesamt ca. 2 Jahre durch ganz Südamerika zu reisen, gehe ich davon aus, dass ich am Ende der Reise alles so bestätigen kann?
Was für mich noch total verwunderlich war… Vor kurzem war ich in Jericoacoara, eine absolute Touristenhochburg und musste feststellen, dass es in diesem Ort keinen einzigen Geldautomaten gibt??
Dafür kann man sogar Streetfood und Caipirinha für umgerechnet etwas über 2€ mit Karte bezahlen… ?
Liebe Grüße aus Brasilien
Jenny
Hallo Daniel,
cooler Beitrag, den ich nach 12 Monaten in Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien, Argentinien und Uruguay nur bestätigen kann.
Eins fällt mir noch ein: Wechselgeld. Du möchtest ein Brot kaufen oder mit dem Ortsbus fahren, hast aber nur einen Schein von umgerechnet ca. 10€ oder höher dabei. Vergiss es. Im Laden wird der/die Verkäuferin dich fragen, ob du’s kleiner hast und wenn nicht irritiert gucken und geschäftig die im Laden vorhandenen Verwandten mobilisieren um dir deinen großen Schein zu wechseln. Wundere dich nicht, wenn das nicht klappt und die Person mit deinem Schein wegläuft. Sie wird sämtliche Nachbargeschäfte abklappern für Wechselgeld. Auf dem Markt, dem besten aller Orte um in Südamerika köstliches Obst und Gemüse zu kaufen, ist es noch wichtiger, Kleingeld dabei zu haben. Das ist nicht ganz einfach, weil der Geldautomat, an dem du große Beträge abgebaut um die Gebühren zu sparen, dir gern sehr große Scheine ausspuckt. Bevor du damit in ländliche Gegenden aufbricht, Versuch also immer , etwas Geld klein zu wechseln, das hilft auch fürs Zwischenmenschliche beim Einkaufen.
Viele Grüße und gute Reise, Conny
Hallo Conny, das kenne ich nur zu gut 🙂 In Chile z.B. bezahlt kein Mensch mit einem 20.000 Pesos Schein. Liebe Grüße Daniel
Hahaha 😀 ich musste beim Lesen so viel lachen. Zwar war ich eher in Zentralamerika und natürlich Mexiko unterwegs, aber deine 24 Punkte finden auch hier Anschluss! Da merkt man, dass Mexiko zwar Teil Nordamerikas ist, aber die Mentalität Lateinamerikanisch Pur. Lieben Gruß, Josi
Das freut mich sehr, dass dich der Beitrag zum Lachen gebracht hat 🙂 Liebe Grüße Daniel
Danke für den kurzweiligen Bericht. Er bescherte mir einen Flashback und ich kann alle 24 Fakten bestätigen. (Nie nie nie wieder 25h im Bus von Valparaiso über Santiago nach San Pedro -_-)
Typisch für mich an Südamerika ist manchmal deren Logik, die ich als logisch denkender Europäer nicht durchdringe (und es irgendwann auch aufgab). Das Kassensystem im Supermarkt “La Anónima” in Ushuaia als Beispiel. Insgesamt um die 17 Kassen und zwei davon für Kunden mit weniger als 10 Waren und für Kunden ohne diese Uhr, welche einem anzeigt wo welche Kasse demnächst frei wäre. Ist man zu schnell muss man warten, ist man zu langsam muss -sorry- darf man auf die nächste Ansage warten. Als unwissender Tourist wundert man sich natürlich über diese Dinger und stellt sich trotzdem an eine der freien Kasse. Warum auch nicht?! Weit gefehlt. Man wird an die Kasse für Menschen ohne “Uhr” verwiesen und sieht dann die lange Warteschlange.
Da dies relativ am Anfang unserer Reise war, hab ich erstmal wie ein Rohrspatz über diese Unsinnigkeit geschimpft, aber naja, da kannte ich Südamerika und deren Eigenheiten noch nicht. 😀