“No bolsa de plastico, por favor” – keine Plastiktüte bitte! Die Kassiererin des Supermarkts sieht mich an, als würde ich in diesem Moment den Laden überfallen. Es ist eine Situation, die ich schon so oft in Südamerika erlebt habe. Ich stehe an der Kasse. Am Ende des Bandes warten schon ungeduldig die Einpacker mit den obligatorischen Plastiktüten. Tüten, die am Ende zu Tausenden in Straßengräben, Hauseinfahrten, Parks und natürlich im Meer landen. Ich packe meine Einkäufe derweil in meinen mitgebrachten Stoffbeutel.
In Südamerika gibt es ein echtes Problem mit Plastik. Alles wird in Plastik verpackt – auf den Märkten, in Souvenirläden oder wie oben beschrieben in Supermärkten. Das Bewusstsein ist nicht vorhanden, auch oft bedingt durch schlechte Bildung und unzureichende Aufklärung. Hier kannst du in Gesprächen mit Einheimischen deinen Standpunkt klarmachen. Ich habe zum Beispiel in Chile viel mit meinen Freunden über Plastikmüll und seine schlimmen Auswirkungen diskutiert. Sie haben sich daraufhin viele Gedanken gemacht und teilweise ihren Konsum umgestellt. Sie erzählen es weiter und so kommt der Ball ins Rollen.
Die Macht und Verantwortungslosigkeit der Konzerne
Ein anderes großes Problem ist die unzureichende Trinkwasserversorgung. Wasser aus der Leitung ist an den meisten Orten Südamerikas nicht trinkbar. So sind die Menschen aus Wasser in Plastikflaschen angewiesen, das von multinationalen Großkonzernen vertrieben wird. Diese Konzerne machen Milliardenumsätze mit der Not der Menschen, keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu haben. Wasser sollte ein Grundrecht eines jeden Menschen auf diesem Planeten sein. Das Verhalten dieser Firmen ist einfach nur abartig und schäbig.
Hier noch ein paar wichtige Fakten zum Thema Wasser in Plastikflaschen:
- Für die Produktion einer einzigen Wasserflasche wird dreimal soviel Wasser verbraucht, wie später in der Flasche landet.
- Food & Water Watch hat recherchiert, dass mehr als die Hälfte des in Flaschen abgefüllten Wassers aus Wasserhähnen stammt.
- In Flaschen abgefülltes Wasser ist weder gesünder noch sauberer als Wasser aus dem Wasserhahn. In verschiedenen Untersuchungen wurde festgestellt, dass abgefülltes Wasser Phthalate, Schimmelpilze, Mikrobien, Benzol, Trihalomethane oder sogar Arsen enthalten kann. Deshalb empfehlen Experten, Leitungswasser zu trinken, da es regelmäßiger überprüft wird.
- Mit der Menge an Rohöl, die benötigt wird, um alle Plastikflaschen in einem Jahr zu produzieren, könnte man 1 Million Autos betanken.
- Nur jede fünfte Wasserflasche wird recycelt, alle anderen landen auf dem Müll, in der Natur und in unseren Meeren.
- Eine gewöhnliche Plastikflasche im Müll braucht 450 (!) Jahre, um sich vollständig zu zersetzen.
- 2014 machten die Konzerne mit Plastikwasser einen Umsatz von 13 Milliarden US-Dollar. Die ganze Menschheit mit sauberem Trinkwasser zu versorgen würde ca. 10 Milliarden US-Dollar kosten.
Quelle: Global Citizen
Südamerika und das Müllproblem
Südamerika produziert etwa 16% der weltweiten festen Abfälle – das sind unglaubliche 120 Millionen Tonnen pro Jahr! Ein Großteil davon konzentriert sich auf Großstädte wie São Paulo, Lima, Bogotá oder Buenos Aires. Diese Städte produzieren jeden Tag mehr als zehntausend Tonnen Müll. Die Verwendung und die negativen Auswirkungen von Abfällen sind jedoch nicht gleichmäßig auf die Gesellschaft verteilt. Der Abfall schadet den sozial und wirtschaftlich Schwachen am meisten. Ironischerweise sind das oft die Menschen, die am wenigsten Abfall produzieren, weil sie weniger konsumieren und aus der Not heraus mehr recyceln.
Niedrige Löhne und hohe Arbeitslosenquoten in den meisten südamerikanischen Ländern haben viele arme Menschen dazu gezwungen, als “Müllsammler” zu arbeiten. Sie durchwühlen den städtischen Müll, um Dinge zu finden, die weiterverkauft werden könnten. Flaschen, Karton und Metall. Mit dem unfreiwilligen Recycling leisten sie zwar eine wichtige Umweltleistung. Andererseits birgt die Verwendung dieser Abfälle auch Stigmatisierung durch die Gesellschaft und schwere Gesundheitsrisiken, besonders wenn der Müll verbrannt wird. Viele von ihnen sind krank, schlafen auf der Straße und die Kinder gehen oft nicht zur Schule, weil sie mithelfen müssen.
Die Auswirkungen von Plastikmüll
Plastikmüll hat kurz- und langfristige Auswirkungen auf die Umwelt – unsere Umwelt. Es belastet unsere Ozeane, tötet unsere Ökosysteme und braucht Jahrhunderte, um zersetzt zu werden. Die meisten Länder haben nicht den Willen, die Infrastruktur oder die Finanzen, um den Müll zu recyceln oder wiederzuverwenden. Weltweit werden nur lächerliche 9% recycelt. Bis zu acht Millionen Tonnen Plastik werden jedes Jahr in die Ozeane geworfen. Jedes Stück Plastik, das jemals produziert wurde – außer es wurde verbrannt – existiert noch heute auf unserem Planeten. Wissenschaftler der Universität Gent in Belgien haben kürzlich berechnet, dass Menschen, die Meeresfrüchte oder Fisch essen, bis zu 11.000 winzige Stücke Plastik jedes Jahr zu sich nehmen. Ekelhaft, oder?
Es liegt also an uns als Menschen – und als Reisende – immer wieder auf Missstände hinzuweisen, die uns – egal wo – begegnen. Wir alle müssen Maßnahmen ergreifen, um unseren Gesamtverbrauch zu minimieren und Kunststoffoptionen nur nutzen, wenn es keine bessere Alternativen gibt.
Jeder kann einen Beitrag leisten!
Was entgegnet man Menschen, die immer wieder die gleichen Phrasen dreschen: ” Was soll ich als kleiner Mensch schon gegen dieses Problem tun”. Ich erwidere: “Sieh Dir deine Straße an. Wenn jeder vor seiner Haustür fegt, wird irgendwann die ganze Straße sauberer.” Logisch, oder? Wir machen uns in dieser Beziehung oft zu klein und sind uns nicht bewußt, was wir mit unserem Konsum bewirken können.
Bei meinen Reisen versuche ich so gut es geht, Alternativen zu finden, die helfen, den Müll auf das geringste Maß zu reduzieren. Ich sage generell Nein zu Plastiktüten und benutze meinen eigenen Jute-Beutel zum Einkaufen. Ich kaufe große Wassercontainer und fülle das Wasser in meine Alu-Trinkflasche, statt ständig 1-Liter-Flaschen zu kaufen. Aber auch ich kann auf jeden Fall noch besser werden, um die Abhängigkeit von Einmalprodukten und Einwegprodukten aus Plastik auf längeren Reisen zu minimieren.
Ich möchte dir hier einige praktische Vorschläge für deine eigene Packliste mitgeben, damit du weniger Plastik auf Reisen (und natürlich auch zuhause) verwendest.
Wechsel zu einer Bambus-Zahnbürste
Um ehrlich zu sein, war die bescheidene Plastikzahnbürste nicht wirklich etwas, worüber ich bis vor kurzem nachgedacht habe. Doch dann fiel mir auf, wie viele im Laufe der Jahre auf Deponien gelandet sind. Zum Glück gibt es eine viel bessere Alternative: die Bambuszahnbürste. Hergestellt aus der am schnellsten wachsenden Pflanze der Welt könnte sie nicht nachhaltiger sein. Zudem sind sie biologisch abbaubar. Dieses 4-er Pack Bambuszahnbürsten* kostet nicht mehr als die übliche Plastikvariante aus dem Supermarkt.
Benutze eine Alu-Trinkflasche
Getränkeflaschen sind eine der häufigsten Arten von Plastikabfällen. Rund 480 Milliarden Kunststoffflaschen wurden 2016 weltweit verkauft – das sind eine Million Flaschen pro Minute! Unfassbar, oder? Gerade hier in Deutschland, wo Trinkwasser aus dem Hahn kommt, ist sowas echt nicht notwendig und regt mich immer wieder auf, wie verschwenderisch die Menschen mit Plastikflaschen umgehen.
Dabei wäre es so einfach, wenn jeder eine nachfüllbare Flasche benutzen würde. Die gibt es mittlerweile in allen Formen, Farben und sogar mit integriertem Filter. Das ist besonders praktisch, wenn du in einsamen Gegenden wie Patagonien unterwegs bist, wo nicht an jeder Ecke ein Supermarkt steht. Ein wenig Werbung in eigener Sache: in meinem Shop gibt es übrigens die besonders hübsche Südamerika Trinkflasche!
Habe immer einen Stoffbeutel dabei
Es gibt wirklich keine Entschuldigung für die Verwendung von Plastiktüten im Jahr 2018.
Unterwegs habe ich immer meinen Southtraveler Stoffbeutel in meinem Rucksack, den ich für den Transport von Lebensmitteln oder für spontane Zwecke verwenden kann. Der Beutel ist leicht, nimmt kaum Platz ein und ist leicht zu verstauen. Auf Reisen macht der Kauf von Obst und Gemüse auf dem Markt nicht nur mehr Spaß, sondern bedeutet auch, dass man zu einer Plastiktüte jederzeit nein sagen kann.
Strohhalme braucht kein Mensch!
Sie sind billig, völlig unnötig und werden trotzdem oft ohne Bedenken benutzt. Und nachdem das Getränk ausgetrunken ist, werden sie weggeworfen und landen auf der Mülldeponie oder im Meer. Die Rede ist von Strohhälmen aus Plastik. 40 Milliarden werden jedes Jahr in Deutschland verwendet. Also, bitte benutzt keine dieser blöden Dinger und weist in Bars und Restaurants darauf hin, dass ihr keinen haben wollt.
Weitere Maßnahmen, mit denen du Plastik in deinem Alltag reduzieren kannst:
- Keine Einwegrasierer benutzen – es gibt gute, nachhaltige Alternativen
- Kein Plastikgeschirr benutzen. Auf Reisen kannst du leichtes Alu-Geschirr mitnehmen.
- Keine dieser dämlichen Kaffee-Kapseln benutzen. Einfach nur unnötiger Müll. Stattdessen Kaffee lieber selbst aufbrühen.
- Thermobecher* statt Coffee-to-go
- Bio-Mülltüten* statt Plastiktüten
- Schau mal bei Ozeankind vorbei – auf ihrem Blog verraten Dir Marina & Micha, wie du noch mehr Plastik vermeiden kannst und in ihrem Shop bekommst tolle Produkte wie Strohhalme aus Glas und Armbänder aus alten Fischernetzen. Außerdem wollen die Beiden 50 Tonnen Plastik bis 2022 sammeln und organisieren dafür fleißig Clean-Ups in aller Welt. Tolles Projekt!
Ich hoffe, der Beitrag trägt ein wenig dazu bei, das Bewusstsein zu schaffen, dass wir alle verantwortlich für das Wohlergehen dieses wunderbaren Planeten sind. Gerade als Reisende, die wissen, wie schön unsere Erde ist, sollte es uns am Herzen liegen, diese Schönheit zu erhalten. Ich freue mich über deine Kommentare dazu! Dieser Beitrag ist Teil der Kampagne: Plastikfreie Woche von Fairaway Travel & Forum anders reisen
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Danke!
LG Heike
Vielleicht eine Idee, um mitzumachen an der Plastikfreien Woche?https://www.facebook.com/events/167073630675229/ oder https://www.fairaway.de/plastikfreie-woche-2018/
Schau mal ganz unten in den Beitrag 😉
Guter Artikel! Es ist tragisch was man da unterwegs alles zu sehen bekommt. Bestenfalls wird der kleine Einkauf im Supermark gleich in 2 Tüten gepackt, weil doppelt hält besser oder so. Und Null Bewusstsein was später damit passiert.
Wir waren fast 1 Jahr mit eigenem Auto in SA unterwegs und haben zum Campen viele wunderschöne aber leider völlig verdreckte Stellen angetroffen. So macht das dann keinen Spass.
Immerhin konnten wir auf Einweg-Wasserflaschen verzichten. Mit einem kleinen Wasserfilter im Tagesrucksack und Micropurtropfen für Kanister im Auto sind wir mit 2 wiederverwendbaren Wasserflaschen durchgekommen.
Zurück Zuhause versuchen wir nun unseren Müll nochmehr zu reduzieren. Der Anblick hat uns geprägt! Bleibt zu hoffen dass die Menscheit eines Tages zur Vernunft kommt.