Die Region Aysén im Süden Chiles ist für Outdoor-Enthusiasten das, was das Louvre für Kunstliebhaber ist: ein Meisterwerk der Natur, das man auf einer Chile Reise auf jeden Fall besuchen sollte. Diese oft übersehene Ecke von Nord-Patagonien jongliert hängende Gletscher, wilde Fjorde, üppige Regenwälder und mit Guanakos gefüllte Steppen.
Woran denkst du, wenn du Patagonien hörst? Die meisten werden wohl sofort die Türme des Torres del Paine oder den kalbenden Gletscher Perito Moreno in Argentinien im Kopf haben. Patagonien ist jedoch mehr – das geografische Gebiet umfasst immerhin 1.043.076 km2. Fast dreimal so groß wie Deutschland!
Etablierter Tourismus findet sich in und um den Los Glaciares Nationalpark in Argentinien und den Torres del Paine Nationalpark in Chile. Außerhalb dieser stark besuchten Gebiete herrscht noch immer pure Wildnis, Einsamkeit und grenzenlose Freiheit. So wie in der Region Aysén in Nordpatagonien.
Viel Einsamkeit wird es hier in Zukunft vielleicht auch nicht mehr geben. Diese Gegend wurde 2017 in einer Ausgabe des beliebten „Best in Travel*“ Reiseführers von Lonely Planet als einer der Top-Spots genannt. Ich bin 3 Wochen durch Aysén in Chile gereist und freue mich darauf, den Reichtum an Möglichkeiten, den dieser Teil der Welt zu bieten hat, mir dir zu teilen. Ganz unten findest du noch eine Kostenaufstellung, was mich die 16 Tage gekostet haben.
Was? Eisen? Neeein, Aysén!
Aysén ist die am dünnsten besiedelte von Chiles 15 Regionen und verspricht reichlich Gelegenheit für Abenteuer, Einsamkeit und Besinnung. Tramper und Radfahrer erfreuen sich an den wechselnden Ausblicken entlang der (weitgehend unbefestigten) Carretera Austral, der einzigen (Überland) Straße, die die unterschiedlichen Städte und die Parklandschaften Patagoniens auf einer Länge von 1240 Kilometern verbindet. Sie führt komplett durch Aysén und endet in Villa O´Higgins.
Der südliche Abschnitt der Carretera Austral ist ein herausforderndes Gebiet mit nur wenigen Einwohnern und begrenzter Infrastruktur. Das macht die Region Aysén zum aufregendsten Gebiet Patagoniens, das es für abenteuerlustige Reisende zu erkunden gilt.
Die Regionalhauptstadt und gleichzeitig größte Stadt ist Coyhaique mit ca. 50.000 Einwohnern. Sie ist der Ausgangspunkt für Reisende in der Region. Besonders sehenswert ist sie nicht, aber es gibt alles, was man sich von einer Kleinstadt am Ende der Welt erwartet. Supermarkt, Busterminal, Tour-Anbieter, einen Handwerksmarkt auf der Plaza und jede Menge Unterkünfte. Dafür ist es rund um die Stadt umso schöner.
Meine 6 Highlights der Region Aysén
Seit ich vor einigen Jahren Bilder der Marmorhöhlen im Lago General Carrera gesehen hatte, wollte ich unbedingt in den Norden von Patagonien. Doch neben den Marmorhöhlen gibt es natürlich noch einiges mehr zu entdecken. Meine 6 Highlights:
1. Die Marmorhöhlen im Lago General Carrera
Die Marmorhöhlen nahe Puerto Tranquilo sind wirklich einzigartig auf der Welt und werden auch dir den Kopf verdrehen. Jahrtausende der Erosion haben dieses Naturwunder geschaffen, und die Optik ist spektakulär. Stein und Licht formen eine magische Symbiose. Du kannst entweder mit dem Kajak fahren oder Bootstouren durch die Höhlen unternehmen, um sie in ihrer ganzen Pracht zu sehen. Dies ist zweifellos eine der beliebtesten Attraktionen der Region. (Tour 10.000CLP ≈ 14€)
2. Queulat Nationalpark
Der Queulat Nationalpark liegt inmitten des gemäßigten Regenwaldes, der deutlich feuchter ist als der Rest Patagoniens. Er bietet Reisenden beeindruckende Dschungelpfade. Die Hauptattraktion des Parks ist der berühmte Hängegletscher Ventisquero Colgante, von dem aus mehrere Wasserfälle in die Tiefe stürzen. Es gibt eine Reihe von Wanderwegen und Bootsfahrten, die an den Rand des Gletscher führen. (Eintritt 5000 CLP ≈ 7€)
3. Lago General Carrera
Der phänomenale General Carrera See überspannt die Grenze zwischen Chile und Argentinien – auf argentinischer Seite wird er als Lago Buenos Aires bezeichnet. Es ist der größte See Chiles und auch einer der schönsten. Am Rande des Ufers liegen kilometerlange üppige Wälder mit dramatischen Bergen im Hintergrund. Während Patagonien im Allgemeinen eher kühl ist, hat die Gegend um den See ein eigenes Mikroklima, das besonders das Wetter im Osten des Sees angenehm mild macht. Vor allem ist der See bekannt dafür, dass er die Heimat der atemberaubenden Marmorhöhlen ist.
4. San Rafael Gletscher
Patagonien ist bekannt für seine Gletscher. Der berühmteste Eisriese der Region Aysén ist der San Rafael Gletscher. Er wirft regelmäßig mit ordentlich Getose Eisbrocken ab, die in den darunter liegenden San Rafael See stürzen. Boote müssen sich ihren Weg durch diese Mini-Eisberge bahnen, um an den Rand des Gletschers zu gelangen. Er gehört zum patagonischen Eisfeld, der größten nicht-polaren Eismasse der Welt.
5. Cerro Castillo
Die patagonische Burg ist ein aufregendes tiefschwarzes Bergmassiv mit einem mächtigen Gletscher und einer türkisfarbenen Lagune davor. Als ich davor stand, war ich vom Anblick noch faszinierter als von den Torres Türmen, was wirklich was heißen mag. Um zum Berg zu gelangen, gibt es entweder die Möglichkeit des Tages Treks oder die 4 tägige Wanderung durch das Cerro Castillo Reservat. Unglaubliche Landschaften, beeindruckende Gletscher, kristallklare Flüsse, eiskalte Seen, bizarre Berge, Pinienwälder, unberührte Natur und unberechenbares patagonisches Wetter – all das kannst du auf dieser Wanderung erleben.
➡ Mehr erfahren: Wie ich die Wanderung zum Cerro Castillo erlebt habe
6. Chile Chico
Die kleine Stadt an der Grenze zu Argentinien wird nicht so oft erwähnt. Ich hingegen fand es dort äußerst charmant und das dort herrschende, milde Mikroklima war eine willkommene Abwechslung zum stürmischen patagonischen Wetter. Daher gilt Chile Chico auch als Obstgarten der Region. Es gibt außerdem eine erstaunliche Wüstenlandschaft rund um die Stadt zu entdecken. Wanderer sollten sich das Reserva Nacional Lago Jeinimeni, 60 km entfernt, nicht entgehen lassen. Hier findest du auf einsamen Wanderungen in einem trockenen Wunderland türkisfarbene Bergseen, Höhlenmalereien aus vergangenen Zeiten und bizarre Steinformationen.
Wie kommt man in die Region Aysén?
Aysén liegt abgelegen und eingebetet in den Fjorden und Bergen im Norden von Patagonien. Du hast drei Möglichkeiten, in die Region zu kommen:
Flugzeug:
Die schnellste und einfachste Möglichkeit. Von Santiago, Puerto Montt oder Punta Arenas aus fliegen sowohl LATAM als auch Sky Airlines regelmäßig und günstig zum Flughafen Balmaceda nahe der Provinzhauptstadt Coyhaique. Ich habe für meinen Flug mit Sky 200 € gezahlt, allerdings auch recht spät gebucht. Wenn du früher buchst, bekommst du oftmals sogar noch an günstigere Flüge. Am Flughafen Balmaceda kannst du ein Auto mieten (unbedingt vorab reservieren) oder einen Bus nach Coyhaique nehmen. Der Preis beträgt CLP 5.000 ≈ ca 7 €. Die Dauer der Fahrt beträgt ca. 50 Minuten.
Schiff:
Eine lohnende Möglichkeit, nach Aysén zu kommen ist mit dem Schiff durch die spektakuläre Fjordlandschaft entlang der Küste. Von Puerto Montt aus geht es Donnerstags und Sonntags in 24 Stunden nach Puerto Chacabuco, dem wichtigsten Hafen der Region Aysén. Von dort kannst du mit dem Bus weiterreisen.
Der Anbieter Navimag hat das Monopol auf dieser Strecke. Das günstigste Ticket (Mehrbett-Kabine) bekommst du für CLP 51.000 ≈ 70 €.
Eine andere Möglichkeit ist die Überfahrt von der Insel Chiloé. Vom Hafen in Quellón im Süden der Insel geht es mit Naviera Austral nach Chaitén im nördlichen Teil Ayséns. Die Überfahrt kostet CLP 13.000 ≈ 18 € und dauert ca. 5 Stunden.
Auto:
Die Grenzübergänge aus Argentinien und die Route Puerto Montt – Chaitén – Hornopiren, die sich im nördlichen Teil der Carretera Austral befindet, sind die Eingangspunkte zur Region Aysén auf dem Landweg. Die Carretera Austral beginnt in Puerto Montt, in der Region Los Lagos. Von Puerto Montt aus musst du 45 Kilometer in Richtung Süden nach Caleta La Arena fahren. Es folgen drei schiffbare Streckenabschnitte mit anschließenden Fahrten auf der Carretera Austral:
- Strecke 1 | Schiff: Caleta La Arena – Caleta Puelche (45 Min.) Weiter mit dem Auto von Caleta Puelche nach Hornopirén (60 km)
- Strecke 2 | Schiff: Hornopirén – Leptepu (4 Stunden) Weiter mit dem Auto von Leptepu nach Fiordo Largo (10 km)
- Strecke 3 | Schiff: Fiordo Largo – Caleta Gonzalo (45 Min.) Weiter mit dem Auto von Caleta Gonzalo nach Chaitén (60 km)
Informationen über die Fähren und deren Abfahrtszeiten bekommst du auf Armasur (spanisch).
Wie bereist man die Region Aysén?
„Wer sich in Patagonien beeilt, vergeudet Zeit.“ Dieses patagonische Sprichwort trifft auf Aysén auf jeden Fall zu. Es geht alles langsam voran, auch wegen der weiten Wege, schlechten Straßen und oftmals wegen des schlechten Wetters. Das macht der ein oder anderen Fahrt oder Tour gerne mal einen Strich durch die Rechnung.
Trampen und Bus fahren im Norden Patagoniens
Ich habe auf meiner Reise durch die Region Aysén die Kombination aus Bussen und trampen (+ zwei Tage Mietwagen) genutzt und kam gut überall hin. Hierbei musst du allerdings mehr Zeit kalkulieren, da es sein kann, dass du länger an einer Straße stehst. Aber trampen ist in Patagonien weit verbreitet und ohne Probleme machbar.
Die Chilenen sind unheimlich hilfsbereit. So ist es passiert, dass eine Familie einen Umweg von 30 Kilometern auf sich genommen hat, um mich sicher am Zielort abzusetzen. Zudem lernst du so Land & Leute intensiv kennen und erfährst den ein oder anderen Tipp. Oft wirst du aus Platzgründen einfach auf die Ladefläche eines Pick-Ups verfrachtet. Eine coole Erfahrung und den Panoramablick gibt es gratis obendrauf.
Busse fahren regelmäßig unregelmäßig. Einige Verbindungen fahren nur an bestimmten Tagen und meist frühmorgens. In vielen kleineren Orten grenzt es schon fast an ein Wunder, wenn man zur richtigen Zeit an einer Parada (Bushaltestelle) steht und ein Bus kommt.
Von der regionalen Hauptstadt Coyhaique gibt es die meisten Verbindungen. Wichtig ist, immer direkt am Schalter zu fragen, wann und wo die Busse fahren. Kaufe auch das Ticket rechtzeitig, da in der Hauptsaison die Busse schnell voll sein können. Micros y Buses ist eine gute Übersicht, um die Zeiten und Zielorte der Busse zu checken.
Radfahren auf der Carretera Austral
Wer ordentlich Kraft in den Waden hat, kann sich auf das Fahrrad schwingen. Die Carretera Austral ist voll mit abenteuerlustigen Radlern. Du benötigst gute Ausdauer, Sitzfleisch und wirst (bei trockenem Wetter) ordentlich Staub fressen. Dafür kannst du die eindrucksvolle Landschaft genießen und Halt machen, wo es dir gefällt.
Wichtig ist hierbei logischerweise, dass du genug Proviant, Wasser und ordentliche Ausrüstung (gutes Fahrrad, Zelt, Schlafsack etc.) dein Eigen nennst. Hier gibt es tollen, ausführlichen Bericht über eine 3-wöchige Fahrradtour in Aysén. (englisch)
Auto mieten – unabhängig, aber teuer
Mietwagen sind relativ teuer in Patagonien. Wenn du aber mit Anderen reist und die Kosten geteilt werden, dann ist es die perfekte Transportmöglichkeit. Du bist wesentlich unabhängiger und schneller unterwegs. Noch ein Vorteil ist, dass du auch abgelegenere Orte besuchen kannst, die kein Bus anfährt.
Wir haben uns für die Tour zum Parque Nacional de Queulat ein Auto gemietet. Das kannst du bei den üblichen Verdächtigen Hertz, Europcar oder lokalen Anbietern wie Recasur und Leclerc. Die Preise starten ab 60€ am Tag für ein Allradfahrzeug. Achte auf jeden Fall auf eine ordentliche Versicherung für Reifen, Glas und Bodenschutz, denn auf den holprigen Schotterpisten Patagoniens kann schnell mal was kaputt gehen.
Was kostet eine Reise in die Region Aysén?
Eins vorab: Patagonien ist teuer. Muy caro! Wem das chilenische Festland schon happig vorkommt, wird hier erstmal verwundert die Augen reiben. Die Preise sind im Schnitt nochmal 30% höher als im restlichen Chile. Eigentlich logisch, denn viele Produkte müssen erstmal in die schwer erreichbare Region verfrachtet werden.
Ein Tipp: ich habe leicht verstaubares wie Tütensuppen und Müsliriegel bereits in Santiago gekauft und mitgenommen. So habe ich einen Teil meiner Verpflegungskosten reduziert. Dazu gesellen sich höhere Kosten bei Transport, Touren und Unterkünften, gerade in der Hauptsaison von Dezember bis Februar.
Wer in Aysén günstiger reisen möchte, dem sei die Kombination aus Bus / trampen und zelten empfohlen. Der Nachteil ist hierbei natürlich, dass du ordentlich Gepäck mitschleppen musst. Du benötigst auf jeden Fall ein windfestes Zelt, einen guten Schlafsack, Gaskocher mit Gaskartuschen und ausreichend Verpflegung. Unter einem 60 Liter Rucksack geht da nichts. Stellplätze auf Campingplätzen findest du ab 5000 CLP ≈ 7 €.
Ich habe für die drei Wochen in Aysén etwas über 800 Euro mit Flügen ausgegeben. Ich war mit zwei chilenischen Freunden unterwegs und wir haben in Cabañas (Ferienhäusern) geschlafen. Diese kosten in der Hauptsaison im Durchschnitt 20 € / Nacht / pro Person. Das bietet sich an, wenn du mit mehreren Leuten unterwegs bist oder Privatsphäre schätzt. Ein Bett im Dorm bekommst du im Durchschnitt ab 10.000 CLP ≈ 14 €.
Busse sind auch teurer als im Rest des Landes. Für die Fahrt von den Marmorhöhlen in Puerto Rio Tranquilo an die argentinische Grenze nach Chile Chico haben wir 15.000 CLP ≈ 21 € gezahlt. Im Schnitt kannst du für eine Fahrt ab zwei Stunden Dauer auf der Carretera ca. 10.000 CLP≈ 14 € ansetzen.
Meine genauen Kosten im Überblick:
- Flug Santiago – Balmaceda (Hin und zurück) 150.000 CLP ≈ 203€
- Kosten Unterkunft für 16 Tage: 326,16€
- Verpflegung (ich habe viel selbst gekocht): 94600 CLP ≈ 128,28€
- Kosten Transport: 60,60€
Flughafen hin und zurück: 10.000 CLP ≈ 14€
Coyhaique – Nationalpark Rio Simpson: 1200 CLP ≈ 1,60€
Coyhaique – Puerto Tranquilo: 10.000 CLP ≈ 14€
Puerto Tranquilo – Chile Chico: 15.000 CLP ≈ 21€
Fähre von Chile Chico – Puerto Ibanéz: 2500 CLP ≈ 3€
Coyhaique – Puerto Aysén: 5000 CLP ≈ 7 € - Mietwagen & Benzin für 2 Tage (mein Anteil, wir waren zu dritt): 42000 CLP ≈ 57€
- Tour zu den Marmorhöhlen: 10.000 CLP ≈ 14€
- Eintritt Nationalparks: 14.000 CLP ≈ 19€
Meine Gesamtkosten lagen also insgesamt bei 808,04€.
Mehr über Aysén erfährst du in weiteren Beiträgen von mir, u.a. einen Bericht zu den Marmorhöhlen, meine Wanderung hinauf zum Cerro Castillo und dem hängenden Gletscher im Nationalpark Queulat.
Warst du schon in der Region Aysén und hast noch mehr Tipps und Vorschläge? Hinterlasse gerne einen Kommentar.
2 Kommentare
Toller Bericht. Nächsten Monat wage ich mich mal mit dem Fahrrad dorthin. Wird dann auch meine erste große Tour – Fahrrad habe ich noch nicht. Bei deiner Kostenzusammenstellung kommt man wahrscheinlich sogar günstiger bei weg so wie du das gemacht hast. 🙂