Wenn die meisten Reisenden planen, in Chile zu wandern, fahren sie meistens gleich weiter in den Süden in das chilenische Seengebiet und nach Patagonien. Während einige der atemberaubendsten Landschaften Chiles südlich von Santiago liegen, versteckt sich hinter dem geschäftigen Treiben der Metropole die traumhafte Landschaft der Hochanden.
Die Anden in Zentralchile bieten Trekkingfreunden einige der höchsten Berggipfel des Landes. Östlich von Santiago nahe der chilenischen Grenze zu Argentinien liegt der mächtige Aconcagua, der mit 6.962 m der höchste Berg der westlichen Hemisphäre ist.
Als begeisterter Wanderer, der in einigen der besten Parks Patagoniens wie dem Torres del Paine in Chile oder dem Los Glaciares Nationalpark in Argentinien gewandert ist, dachte ich bis vor einigen Jahren naiv, dass die schönsten Touren im Süden des Landes zu finden sind. Ich habe mich jedoch getäuscht und war wunderbar überrascht von der intensiven Schönheit der Tagestouren, die man im Cajon del Maipo unmittelbar vor den Toren Santiagos erleben kann.
Und so habe ich mich sehr über die Einladung zur Wanderung zum San Francisco Gletscher gefreut, die ich von Eco Chile erhalten habe. Eco Chile ist ein Ökotourismus Anbieter in Santiago mit Fokus auf Nachhaltigkeit und Umweltverantwortung.
Wir starteten frühmorgens um 7 Richtung San Francisco Gletscher, etwa zwei Stunden südöstlich von Santiago. Während der Fahrt erzählte uns unser Guide Tomas viel über die Berge und das Cajon del Maipo. Die Leidenschaft, mit der er uns diese Gegend näherbrachte, vertrieb schnell die Müdigkeit. Schon als Kind wanderte er mit seinem Vater in diesem Gebiet, dass viele Chile Reisende leider verpassen und das selbst für viele Einwohner Santiagos unbekanntes Terrain ist. Dabei bietet die Stadt in ihrer näheren Umgebung einige lohnende Ausflüge.
Von der Stadt ins Cajon del Maipo
Nach einer Stunde Fahrt kamen wir endlich aus dem weitläufigen Santiago heraus und erreichten den Beginn des schönen Maipo-Tals , immer entlang des Rio Maipo, einer wichtigen Wasserquelle für die Stadt. Es überrascht nicht, dass Santiago im Herzen des Maipo-Tals gegründet wurde, einem fruchtbaren Gebiet zwischen zwei Gebirgszügen, den Anden und den Küstenbergen. Bekannt für sein mediterranes Klima und gespeist durch die riesigen Gletscherreserven hoch oben in den Anden, beherbergt das Maipo-Tal einige der berühmtesten Weingüter Chiles. Es ist auf der einen Seite überraschend üppig und grün, auf der anderen Seite karg und wüstenartig.
Als wir die Steigung in die hohen Anden erreichten, wechselte die Straße sofort von gepflastert auf Schotterpiste. Das Grün der Flußoasen endete abrupt, kahle, sandfarbene Wüstenberge ragten zu beiden Seiten der Straße hinauf. Immer näher kamen die mächtigen Andengipfel, der Vulkan San José (5830 Meter) und der Cerro Marmolejo (6104 Meter), mit ihren schneebedeckten Kappen. Die einzigen Fahrzeuge, die wir auf der Straße sahen, waren riesige Lastwagen, die Materialen für eine Wasserpipeline transportierten. Als wir das Ende der holprigen Straße erreichten, parkten wir das Auto, sammelten unsere Ausrüstung ein und machten uns auf den Weg. Es war ein absolut perfekter Tag mit viel Sonne und keiner einzigen Wolke am Himmel.
Hinauf zum San-Francisco Gletscher
Die Wanderung begann mit einer steilen 20-minütigen Steigung hinauf zu einem markanten, weiten Gletschertal. Wir durchquerten trockene Wiesen. Eidechsen sonnen sich auf den umliegenden Felsen. Ich war von der Größe des Tales überwältigt. Ich konnte mir nur ausmalen, wie es hier vor Millionen von Jahren ausgesehen hatte, als es noch vollständig mit Schnee und Eis bedeckt war. Als die ehemals gigantischen Gletscher noch bis an die Talsohle ausliefen.
Eine sanfte Brise wehte durch die Luft und außer dem schwachen Gesang der Vögel war es wunderbar still. Die Sonne brannte ordentlich und machte uns was wandern in der dünnen Höhenluft noch ein wenig anstrengender. Ich war beeindruckt von den verlaufenden Farben der Berge, die sich im Laufe des Tages je nach Sonnenstand änderten. Gelb, rot, lila, ockerfarben. Wie ein Malkasten der Natur.
Raubbau an der Natur
Nach etwa einer Stunde Wanderung erreichten wir eine weitere Steigung durch eine Gletschermoräne. Hier wurde die Wanderung wieder härter und ich war froh über meine Trekkingstöcke, die sich in solch unwegsamen Terrain immer wieder bewähren.
Tomas erzählte mir von den tragischen Auswirkungen von Chiles Exportschlager Nummer eins – Kupfer – auf die Umwelt. Chile hat nach der Antarktis und Grönland das drittgrößte Gletschervorkommen der Welt, doch aufgrund des globalen Klimawandels und der Auswirkungen des Kupferabbaus in Chile schrumpfen die Gletscher dramatisch, was zu einem Anstieg der Ozeane und großen Problemen bei der Wasserversorgung der Millionen von Menschen und landwirtschaftlichen Nutzflächen des Landes führt.
Riesige Pipelines werden aus den Bergen im Maipo-Tal nach Santiago verlegt, um die Wasserversorgung zu gewährleisten. Eine schnell vergängliche Lösung und gleichzeitig ein riesiger Schaden für die Natur.
Am San Francisco Gletscher
Als wir unseren letzten Aufstieg zum Ziel, dem San Francisco Gletscher, machten, bekamen wir schon einen Eindruck von der traumhaften Bergkulisse des Cerro Morado, der sich 4500 Meter über das Tal erhebt. Der Gletscher war an diesem Tag im Hochsommer nicht wirklich ausgeprägt und viel nackter, blanker Fels kam zum Vorschein. Ich möchte auf jeden Fall nochmal im Herbst wiederkommen, wenn das ganze hier in weiß getaucht ist.
Schließlich erreichten wir die Lagune vor erhabener Bergkulisse, die im Sonnenschein ein surreales Aquamarinblau widerspiegelte. Ich staunte über die mächtigen Gletschermoränen (Quasi das Geröll, das der Gletscher einst hinterlassen hat und wie breite Gassen im Berg zu sehen sind) und fragte mich, wie es für Tomas gewesen sein muss, dieses beeindruckende Szenario vor Jahren als Kind zu sehen, als der Gletscher noch das komplette Tal ausfüllte. So beeindruckend es heute auch war – ich bin sicher, dass es vor zwei Jahrzehnten mit Eis und Schnee noch um einiges eindrucksvoller gewesen ist.
Als wir durch die Gletschermoräne und das weite Tal zurückwanderten, bemerkte ich, wie anders es in der tiefstehenden Nachmittagssonne aussah. In allen Farben des Regenbogens leuchteten die wüstenartigen Berge in der Ferne. Ich konnte mir keinen schöneren Ort vorstellen, als in diesem Moment hier zu sein. Als wir zum Ende unserer Wanderung kamen, hatte Tomas schon eine Überraschung für uns parat. Ein eiskaltes Bier im Kofferraum. Was für ein Genuss!
Jetzt war Entspannung angesagt. Wir fuhren weiter zu den Thermen Baños Colinas. Hier haben wir in den warmen Naturbecken unsere müden Beine ausgeruht und die umliegende Landschaft genossen. Es war ein perfekter Tag mit vielen neuen Eindrücken aus einer der schönsten Regionen Chiles.
San Francisco Gletscher Tour Informationen
Reisezeit:
Die ideale Zeit für diese Wanderung ist von Oktober bis Mai – in Chile vom Frühjahr bis zum Herbst. Ich würde diese Wanderung im chilenischen Winter nicht versuchen, da die Straßenverhältnisse im Cajón del Maipo und der Weg problematisch sein könnten.
Eintritt in den El Morado Park:
Am besten besuchst du den Park zum Zeitpunkt der Öffnung um 8 Uhr. Bis 18 Uhr muss man den Park wieder verlassen haben.
Was du mitbringen solltest:
- Wanderschuhe: diese Wanderung war nicht so intensiv wie viele andere, die ich schon in Chile gemacht habe, aber ich würde dir trotzdem gute Wanderschuhe empfehlen.
- Wasser: Bringe genügend Wasser mit. Vor Ort kannst du an der Lagune deine Flasche wieder nachfüllen.
- Sonnenschutz und Hut: Über den gesamten Trail bist du direkter Sonne ohne Zugang zu Schatten ausgesetzt. Vorher gut eincremen!
- Essen & Snacks für den Tag: Es gibt ein paar Stände zum Start der Wanderung im Tal, aber die Auswahl ist ziemlich gering. Packe auf jeden Fall ein paar Snacks (Müsliriegel, Bananen) ein.
- Funktionskleidung: Am Tag, an dem ich diese Wanderung machte, war es sehr warm und sonnig. Je näher ich dem Gletscher kam, desto kühler wurde die Luft. Es war ziemlich windig in der Nähe der Lagune und ich war dankbar, meine Fleecejacke zur Hand zu haben.
Vielen Dank an Eco Chile für die Einladung zu dieser Wanderung. Meine Meinung bleibt davon unbeeinflusst!