Der Colca-Canyon Welt im gleichnamigen Colca-Tal ist der zweitgrößte Canyon der Welt und eine der beeindruckendsten Landschaften von Peru und Südamerika.
Das fruchtbare Tal wurde bereits von Prä-Inka Völkern besiedelt und auf den steilen Terrassen werden bis heute Quinoa, Kartoffeln und Mais angebaut. Ein besonderes Schauspiel ereignet sich am Mirador Cruz del Condor in den Tiefen des Colca-Canyon. Hier starten frühmorgens die Könige der Anden, die Kondore, ihren majestätischen Flug über das Tal.
Frühmorgens mache ich mich mit meinem chilenischen Freund auf den Weg von Arequipa nach Chivay, dem Ausgangsort für eine Tour durch den Colca-Canyon. Es geht hoch hinaus in die eindrucksvolle Bergwelt der peruanischen Puna (einer steppenähnlichen Hochgebirgslandschaft). Der Vulkan Misti mit seiner markanten Kegelform und seiner schneebedeckten Kuppe begleitet uns auf der Fahrt. Riesige Lama und Alpaka Herden grasen am Wegrand. Sie erfreuen sich ebenso wie ihre zierlicheren Verwandten, die Vicuñas, am harten, widerstandsfähigen Ichugras.
Unser Bus erkämpft sich mit aller Kraft Serpentine um Serpentine, bevor wir in Patahuasi einen ersten Stopp einlegen. Wir kratzen in diesem Moment an der 4000 Meter Marke, die Luft wird merklich dünner und ein eisiger Wind pfeift über Weiten der Hochebene. Dieser erschuf durch Erosion bizarre Felsformationen, die von weitem wie versteinerte Figuren aussehen.
Patahuasi – Truckstopp in den Anden
Patahuasi ist eine der wenigen Siedlungen hier oben und dient vorbeifahrenden und Truckern als kurzer Aufenthaltsort und Pinkelpause. Dies ist wahrscheinlich einer der höchsten Truckstopps der Welt. Vor der himmelblau angestrichenen Kapelle sitzen Indianerfrauen in ihren typischen Gewändern und verkaufen bunt verzierte Schals, Ponchos und Mützen aus Alpakawolle.”Puro alpaca, señor!” Mir ist zu kalt für eine Shoppingtour.
Wir betreten einen kleinen Laden, wärmen uns auf und trinken Mate de Coca, um der Soroche, der Höhenkrankheit, vorzubeugen. Mit der ist nicht zu spaßen, aber zum Glück sind wir durch die vergangenen Tage in Arequipa ausreichend akklimatisiert. Ich entferne mich wenige hundert Meter von der Siedlung. Magisch angezogen wie ein Magnet von dieser einzigartigen Landschaft. Ich möchte möglichst viel davon in meinen Gedanken konservieren.
Man fühlt sich unheimlich klein hier oben. Weit weg von menschlicher Zivilisation und First-World-Problemen lernt man demütig zu sein und die Kraft, Schönheit und Gewalt der Natur in sich aufzusaugen wie einen Schwamm. Nur vereinzelt stehen niedrige, schiefe Steinhäuschen in der Weite des Hochlands. Durchsichtige Plastikfolie oder rote Backsteine vorm Fenster und ein notdürftig mit Brettern beschlagener Eingang helfen nur wenig gegen den unerbittlichen Höhenwind. Es ist ein raues Leben, das die Bauern und Hirten hier ohne Strom und fließendes Wasser führen. Ihre Gesichter sind ein Spiegelbild dieser Landschaft, durchzogen von Falten und Gräben wie unser nahe liegendes Ziel, das Colca-Tal (Valle del Colca) und dem Colca-Canyon.
Chivay – Das Tor zum Colca Canyon
Ankunft in Chivay. Der kleine Ort hat sich zum Zentrum des Tourismus im Tal gemausert und ist für viele Touristen der Ausgangspunkt für einen Besuch des Colca-Canyon. Wir laufen über die schmucke Plaza, gerade neu saniert, wie man uns stolz erzählt.
Hier stehen auch schon die Frauen in ihren farbenprächtigen Trachten und dem obligatorischen Lama im Schlepptau. Für 2 Soles gibt’s hier Selfies mit den scheinbar dauergrinsenden Wiederkäuern. Nein danke, ich fotografiere sie lieber in ihrer natürlichen Umgebung. Rund im die Plaza findet man diverse Geschäfte, Restaurants und Tour-Anbieter sowie den üppig bestückten Obst- und Gemüsemarkt, der sich über mehrere unbefestigte Straßenzüge erstreckt. Nebenan wird Kunsthandwerk aus dem Tal in überdachten Galerien angeboten.
Chivay ist aufgrund seiner überschaubaren Größe schnell erkundet. Wir wollen nach der langen Fahrt erstmal in unsere Lodge in Yanque, 8 km von Chivay entfernt und in einem übervoll bepacktem Colectivo für schlappe 1,5 Soles (ca. 0,50€) schnell erreicht.
Ich hänge zur Belustigung meiner peruanischen Mitfahrer aufgrund akuten Platzmangels direkt mit der Nase an der Frontscheibe. Egal, denn die Fahrt ist erneut ein Fest für die Sinne und ich sitze in Reihe eins. Die untergehende Sonne taucht die umliegenden Felder und die gräulich-braunen Berge in einen Hauch von Gold. Es geht immer am Rio Colca entlang, dessen Wasser neben diverser Erdbeben und Erosion der Verursacher des Naturspektakels Colca-Canyon ist.
Yanque – Besinnlichkeit im Colca Tal
Yanque. Wieder Stopp an der Plaza. Doch anders als im belebten Chivay liegt in Yanque der Hund begraben. Tourismus Agentur? Fehlanzeige. Restaurant? Zwei (wobei eines eher ein Café mit einer kleinen Auswahl Sandwiches ist). Ansonsten noch ein Mini-Markt und ein Internet-Cafe, in dem die Dorfjugend enthusiastisch das Ballerspiel Doom aus den Neunzigern zockt. Boom. 18 Uhr. Die Sonne macht für heute Feierabend und verschwindet bereits hinter den Bergen. Die Nacht kommt schnell im peruanischen Winter und das Thermometer fällt rapide bis auf 5 Grad. Unsere Lodge ist zum Glück mit dicken Alpaka Wolldecken ausgestattet, so dass wir die Nacht kuschelig warm überstehen.
Early Bird & Wititi Tanz
Am nächsten Morgen reißt uns der Wecker bereits um 5:00 Uhr aus den Federn. Apropos Federn. Wir wollen zum Mirador Cruz del Condor, den morgendlichen Flug des Kondor beobachten und da ist es unabdingbar, früh aufzubrechen. Die riesigen Vögel sind nämlich Frühaufsteher und dazu noch pünktlich wie die sprichwörtlichen Maurer. Also genau das Gegenteil des chaotischen deutsch – chilenischen Reiseduos.
Nach einem schnellen Frühstück inklusive warmem Quinoa Zaubertrank geht es zur Plaza, wo wir für die Tour zum Colca Canyon abgeholt werden. Dort findet ein kleiner Souvenir-Markt mit Produkten aus der Region statt. Rund um den Brunnen tanzt eine Gruppe junger Frauen in traditionellen, prächtig verzierten Trachten im Kreis.
Ich sehe genauer hin. Moment, dass sind ja zum Teil Männer, die hier in bester Mrs. Doubtfire Manier als Frau verkleidet das Tanzbein schwingen. Ich erfahre von einem unserer Guides den Grund. Der Legende nach hat sich ein junger Mann unsterblich in ein Mädchen des rivalisierenden Nachbarorts verliebt. Der Kontakt war ihm jedoch verboten und so schmuggelte er sich als Frau verkleidet auf ein Fest und eroberte so ihr Herz.
Der Wititi-Tanz wurde mittlerweile von der Unesco zum nationalen Kulturgut Perus erklärt und bis heute noch auf zahlreichen Festen hier im Süden zelebriert. Die herumwirbelnden Gewänder tauchen das Grau der Plaza in ein Meer aus Farben. In erster Linie eine Attraktion für Touristen, jedoch trotzdem schön anzusehen.
Seine Majestät, El Cóndor, gibt sich im Colca-Canyon die Ehre
Im Minibus geht es immer tiefer in den Colca-Canyon. Die Schönheit der vorbeiziehenden Landschaft lässt mir hinter jeder Wegbiegung den Atem stocken. Wie mit zarten Pastellfarben gemalte Hänge und schlangenlinienförmige Prä-Inka Terrassen auf der einen, steile Felswänden auf der anderen Seite. Mächtige Gesteinsbrocken liegen verdächtig nahe seitlich der Straße. Jetzt bitte keinen Steinschlag. Die Müdigkeit vergeht mit jedem Meter, den die Berge zum Tal emporsteigen. Ohs und Ahs hauchen nach jeder Kurve durch die Sitzreihen. Der Colca-Canyon ist nun über 1000 Meter tief, so dass man das Flußbett des Rio Colca nur noch als langen schwarzen Faden wahrnimmt.
3795 Meter hoch liegt unser Ziel. Mirador Cruz del Condor. Wir sind nicht alleine. Eine Armada von Kleinbussen parkt rechts und links der Straße. Am Rand der Schlucht warten in freudiger Erwartung bereits die knipsbereiten Touristen mit gezückten Kameras.
Und seine Majestät lässt nicht lange auf sich warten. Kurz das Federkleid mit dem mächtigen Schnabel gerichtet und schon geht sie los, die große Flugshow. Ein kurzer, kraftvoller Flügelschlag reicht bei einer Flügelspannweite von 3 Metern schon aus und so gleitet er Sekunden später dank perfekter Thermik nahezu mühelos durch die Luft. Ich kann nicht nicht erinnern, dass Vögel jemals solche Begeisterungsstürme ausgelöst hätten. Ein lautes Raunen geht durch die Zuschauer, sobald der schwarz gefiederte Riese mit dem weißen Kragen über ihren Köpfen schwebt.
Wir haben Glück an diesem Morgen, denn es bleibt nicht bei einem Kondor. Gleich 15 geben sich die Ehre und fordern unsere Halsmuskeln bis auf äußerste. Es geht auf und ab, in Kreisen ziehen sie ihre Bahnen durch den gigantischen Colca-Canyon. Menschen rennen hektisch hin und her, um die beste Position für ein Foto zu ergattern.
Nach einer halben Stunde ist das Spektakel vorbei. Die gefährdeten Neuweltgeier verabschieden sich von ihren Bewunderern Richtung Hochland und Küste, um Nahrung zu suchen. Jagen ist ihre Sache nicht – sie ernähren sich hauptsächlich von Aas. Dafür haben sie ihren Status hoch oben am Himmel sicher – König der Lüfte.
Infos zum Colca-Canyon
Der Colca Canyon liegt etwa 100 Kilometer außerhalb der schönen Stadt Arequipa und ist der zweittiefste Canyon der Welt (bis zu 3.300 Meter tief), ziemlich beeindruckend und doppelt so tief wie der amerikanische Grand Canyon.
Kein Wunder, dass diese Region auch einige der faszinierendsten Landschaften Perus zu bieten hat, sowie einen der besten Aussichtspunkte für Südamerikas berühmtesten Vogel – den Kondor -, der hier auf den thermischen Winden durch die Lüfte gleitet.
Wer jedoch eine völlige Isolation in den Tiefen des Canyons erwartet, wird überrascht sein, dass kleine ländliche Gemeinschaften hier seit Jahrhunderten ausharren und weiterhin einen sehr traditionellen Lebensstil zwischen den steinbruchartigen Hügelketten und landwirtschaftlich genutzten Terrassen am Rio Colca führen.
Wenn du Abenteuer, Landschaften und einsame Pfade suchst, dann bist du im Colca Canyon an der richtigen Adresse.
Wanderungen im Colca Canyon
Ja, Machu Picchu ist Perus Attraktion Nummer eins und das Trekking des Inkapfades ist so beliebt, dass er Monate im Voraus ausverkauft ist. Aber wenn du gerne aktiv und unabhängig bist (wie ich), ist das Trekking im Colca Canyon Perus genau das Richtige für dich. Es ist nicht nötig, ein Zelt oder Essen mitzunehmen, da du entlang des Weges in Dörfer mit zumindest grundlegenden Einrichtungen kommst. Es gibt keine überfüllten Pfade (ich verbrachte Stunden auf Wegen, ohne andere Trekker zu sehen) und du brauchst keine lästigen, teuren Genehmigungen.
Jede Colca Canyon-Route beginnt mit einem langen und steilen Abstieg zum Colca-Fluss (Rio Colca) und endet mit einem anspruchsvollen, mehrstündigen steilen Anstieg, um nach Cabanaconde zurückzukehren.
Kurze Strecke: Cabanaconde → Sangalle → Cabanaconde
Die Wanderung startet mit dem zweistündigen steilen Abstieg in die Oase von Sangalle, wo du dich in den Pools entspannen kannst. Der Aufstieg am nächsten Morgen ist ein harter Zickzack-Kurs von 4-6 Stunden, abhängig von deiner Ausdauer, also beginne relativ früh mit der Wanderung. Dies ist der meist frequentierte Abschnitt der Strecke aufgrund seiner Erreichbarkeit und Dauer.
Ich hatte keine Tagestouren eingeplant, da es nur sinnvoll ist, wenn du die Nacht zuvor in Cabanaconde bleibst. Wenn du dir wirklich Sorgen um Fitness, Zeit (oder deine Knie) machst, dann solltest du beachten, dass der Aufstieg aus der Oasenstadt Sangalle der kürzeste und einfachste Weg ist, um nach Cabanaconde zurückzukehren. Der Aufstieg hat es allerdings in sich und du solltest schon körperlich fit sein für diesen Teil der Strecke. Wenn du also nur wenig Zeit hast, bietet sich diese 2-tägige Tour an
- Gesamtstrecke: 8 km
- Wanderzeit: 6-8 Stunden
- Vorteil: Großartig für diejenigen, die wenig Zeit haben, aber gerne ein wenig im Canyon wandern möchten.
- Nachteil: Es ist ein sehr langer Weg, um nur für eine Nacht im Canyon zu sein. Es handelt sich um die am meisten touristisch genutzte Version der Wanderung.
Die beliebteste Strecke: Cabanaconde → San Juan de Chuccho → Sangalle (Übernachten) → Cabanaconde
Diese Strecke führt in einer Schleife durch den östlichen Teils des Canyons. Man beginnt mit einer 4-5-stündigen Wanderung hinunter nach San Juan de Chuccho, bevor du für den Abend über Malata zur Oase Sangalle weiterläufst – es ist ein langer erster Tag, also starte so früh wie möglich. Der zweite Tag führt von 2.160 Meter auf 3.287 Meter nach Cabanaconde.
Die Route in umgekehrter Richtung (Aufenthalt in San Juan de Chuccho) ist ebenfalls eine beliebte und realistische Option. Es kommt nur darauf an, ob du lieber in der Oase bleiben möchtest oder nicht. Wenn du es lieber langsamer angehen lassen und mehr Zeit zum fotografieren und erleben im Colca Canyon haben möchtest, dann mache eine gemütlichere Dreitages- und Zwei-Nächte-Route draus. Diese zweitägige Route kann auch als geführte Trekking-Tour durchgeführt werden. Die Preise belaufen sich um 60 – 80€, wenn du sie in Arequipa buchst.
- Gesamtstrecke: 20 km
- Wanderzeit: 8-12 Stunden
- Vorteil: Das Gefühl, dass du viel mehr vom Canyon erlebt hast. Die Rundroute bedeutet auch, dass du keinen der Wege zweimal gehen musst.
- Nachteil: Der erste Tag wird sehr lang und anstrengend sein. Eine Übernachtung in Cabanaconde vor Beginn der Wanderung solltest du unbedingt einplanen.
Unterkunft Tipp für Cobanaconde: Das Hotel Kuntur Wassi liegt im Zentrum von Cobanaconde und eignet sich perfekt für den Start der Wanderung. Das Essen im hauseigenen Restaurant lohnt sich.
Hotel Kuntur Wasi buchen*Mirador Cruz del Cóndor Tour
Tagestouren in den Colca-Canyon und zum Mirador Cruz del Cóndor gibt es bereits ab Arequipa zuhauf. Wenn du mehr Zeit hast, würde ich dir empfehlen, einige Tage im Tal zu verbringen, um die Atmosphäre dort richtig zu genießen und die ein oder andere Trekking-Tour zu absolvieren. Touren bieten viele Hostels / Hotels in Chivay, Yanque und Cabanaconde an.
Wer die Stätten im Tal, also auch das Cruz del Cóndor mit der Aussichtsplattform, besuchen möchte, muss 70 Soles für ein Boleto turistico (Touristenticket) zahlen. Dieses erhält man an einem Kiosk außerhalb von Chivay auf der Straße nach Arequipa. Bei geführten Touren achte darauf, das diese Gebühr bei den meisten Tourenanbietern nicht inklusive ist und noch oben drauf kommt. Frage aber vorab am besten nach. Touren kosten etwa 125 Soles, ca. 35 €.
WerbungAnreise zum Colca-Canyon
Mit dem Bus: Mit Andalucia, Milagros und Transportes Reyes kommst du 4-6x täglich mit dem Bus nach Chivay im Colca-Tal (20 Soles = ca. 5€). Die Fahrt dauert ca. 4 Stunden. Von Chivay kommst du leicht mit einem Colectivo (Sammeltaxi) in die umliegenden Ortschaften. Wenn du bis nach Cabanaconde fährst, sichere dir einen rechten Fensterplatz für die schöne Aussicht auf den Colca Canyon.
Mietwagen: Gerade wenn du mit mehren Leuten unterwegs bist, lohnt es sich, ein Auto zu mieten. Die Firma Alkila Rent a Car in Arequipa ist empfehlenswert und der Sohn des Besitzers spricht sogar deutsch.
Empfehlenswerte Unterkunft im Colca Canyon
Ich habe die Tage im Colca-Tal in der Mikawasi-Lodge in Yanque verbracht. Die Gastgeber sind unheimlich herzlich und helfen gerne bei der Planung diverser Touren. Schöne, gut ausgestattete Zimmer, reichhaltiges Frühstück, ein Garten zum Verweilen und ein kleines Restaurant mit leckeren lokalen Gerichten (die fantastische Quinoa Suppe kann ich sehr empfehlen) gibt es ebenfalls.
Mikawasi-Lodge buchen*Ich hoffe, du hast nun auch Lust auf einen Besuch des Colca Canyon und den Kondoren? Verrate es mir in den Kommentaren.