Ich kenne die chilenische Küche gut und liebe die herzhaften Gerichte wie Pastel de Choclo (Maisauflauf), Empanadas de Pino oder Pebre. Um in die Kulinarik des Landes noch tiefer einzutauchen, wurde ich von Chile Cooks zu einer Food-Tour mit anschließendem Kochen eingeladen.
Ich bin eigentlich kein großer Freund von geführten Touren, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Aber wenn es ums Essen geht, werde auch ich schwach und so habe mich sehr über die Einladung von Noëlle von Chile Cooks gefreut, an einer Food Tour und anschließendem Kochen mitzuwirken.
Ich treffe mich mit Noëlle um 9:30 Uhr am Museo de Bellas Artes im Zentrum von Santiago. Ein guter Treffpunkt, denn die zwei wichtigsten Märkte der Stadt sind von hier nur einen Steinwurf entfernt. Doch wir sind nicht alleine. 2 brasilianische Paare sind heute meine Kochpartner. Zum Glück sprechen sie passabel Englisch, denn meine Portugiesisch Kenntnisse halten sich in Grenzen. Nach einer kleinen Vorstellungsrunde ziehen wir los Richtung Mercado Central, den ältesten Markt Santiagos.
Mercado Central – Ein Fest für die Sinne
Der Fischmarkt im Mercado Central
Die Markthalle ist auch Heimat vieler Restaurants und Food-Stände, die ein breites Spektrum an köstlichen Fisch- und Meeresfrüchtegerichten anbieten. Hier bekommt man typisch chilenische Spezialitäten wie Caldillo de Congrio (Meeresaalsuppe), Paila Marina (Fisch- und Meeresfrüchtesuppe) und Picocoros (essbare Riesenseepocken).
La Vega – Der Riese unter Chiles Märkten
La Vega Central ist Santiagos Hauptmarkt. Die Straßen vor dem Markt versinken in einer Suppe aus Abfällen und Dreckwasser. Arbeiter ziehen auf Handkarren Berge von Pappe ins Freie. Es stinkt. Straßenhunde suchen neben den Ärmsten der Armen im Müll nach essbarem. Der Glanz des Mercado Central ist Geschichte, sobald man den La Vega betritt. Hier schert man sich nicht um Touristen und Postkartenmotive. Hier geht es nur ums Geschäft. Es ist unübersichtlich, laut und überfüllt, besonders morgens oder am Wochenende. Kurz gesagt, es ist chaotisch und für Ausländer kann es hier anfangs ziemlich einschüchternd sein. Verkäufer schreien ihre besten Angebote lauthals heraus, Menschenmassen drängeln durch die dunklen Gänge, vollgepackt mit Obst & Gemüse aller Art.
Wir reihen uns in die Masse ein und lassen uns treiben. Man kommt ohnehin nur langsam voran und kann sich gezwungenermaßen alles ganz in Ruhe ansehen. An vielen Ständen gibt es Häppchen zum probieren, was wir uns natürlich nicht nehmen lassen.
Nach und nach füllt sich der Einkaufskorb von Noëlle. Wir kaufen reichlich Mais, Limetten, Avocados, Tomaten und riesige rote Zwiebeln. Ohne Zwiebeln geht in einer chilenischen Küche nichts.
Let´s cook – rein in die Küche
Wir verlassen den Markt, um das Gekaufte in leckere Gerichte zu verwandeln. Gekocht wird in der schönen, weitläufigen Wohnung von Noëlle in Providencia. Dort ist schon alles für das Kochen vorbereitet. Ein einladender Tisch, Schneidebretter und Messer warten auf uns. Erstmal muss ordentlich geschnippelt werden. Ich widme mich unter Tränen dem Berg rote Zwiebeln. Alle sind fleißig dabei und die Schüsseln mit den Zutaten füllen sich rasch.
Wir unterbrechen kurz, um Pisco Sour zu machen. Wer arbeitet, verdient natürlich auch einen leckeren Drink. Pisco Sour ist ein Nationalgetränk in Peru und Chile. Hauptzutat des Cocktails ist ein Traubenschnaps, der nach der Stadt Pisco in Peru benannt wurde.
Pisco Sour – Nationalgetränk der Chilenen (und Peruaner)
Ein Glas Pisco Sour besteht aus einem Eiweiß, drei Teilen Pisco, einem Teil frisch gepresstem Limettensaft und einem Teil weißen Zuckerrohrsirup. Verfeinert wird das Ganze mit Angostura, einem Bitterlikör. Die Limetten werden ausgepresst, das Eiweiß getrennt und mit dem Zuckerrohrsirup in einen Mixer gegeben. Ordentlich shaken, in ein Glas abfüllen und ein paar Tropfen des Bitterlikörs obendrauf. Fertig ist das süß-saure Vergnügen. Aber Vorsicht, man kann den Pisco aufgrund seiner Leichtigkeit unterschätzen. Der haut trotzdem ordentlich rein, vor allem bei heißen Temperaturen.
Pebre – die typisch chilenische Vorspeise
Pebre ist eine Art Dip, der oft als Vorspeise mit Weißbrot gereicht wird, aber auch gut zu Fleisch passt. Die Sauce variiert je nach Region Chiles und dem Haushalt, in dem sie hergestellt wird, aber die Grundzutaten sind Tomaten, Koriander, Knoblauch, Zwiebeln und Olivenöl.Die Tomate, den Knoblauch und rote Zwiebeln in kleine Würfel schneiden, Olivenöl dazu, rote Chilepaste oder das chilenische Gewürz Merkén (ein traditionelles Gewürzsalz der Mapuche Indianer, das bis heute in der chilenischen Küche verwendet wird.) beigeben. Es ist ein scharfes, rötliches Pulver und besteht aus geräuchertem rotem Chili, Koriander und Salz. Ein Schuss Weißweinessig und fertig ist die leckere Vorspeise.
Ceviche – das leckerste Fischgericht der Welt
Das ist zumindest meine Meinung. Für unser Ceviche schneiden wir den Fisch (Congrio, du kannst aber auch jeden Fisch mit weißem Fleisch verwenden, z.B. Kabeljau oder Wolfsbarsch. Hierbei unbedingt auf Sushiqualität achten) in mundgerechte Würfel. Anschließend kommt etwas Meersalz über den Fisch. Dies öffnet die Poren für den Limettensaft.
Frischen Ingwer, Knoblauch, klein gehackten Koriander und den Limettensaft in eine Schüssel geben. Umrühren und ziehen lassen. Die Mischung durch ein Sieb in eine andere Schüssel abseihen. Salz und Amarillo-Chilipaste* zugeben und gut verrühren. Die bereits dünn geschnittenen roten Zwiebeln am besten in Eiswasser legen, damit sie schön frisch bleiben.
Der Fisch ist fertig, wenn er wie gekocht aussieht. Das Ganze garnieren wir mit den roten Zwiebeln und etwas Koriander. Dazu passen sehr gut Süßkartoffeln und gerösteter Mais.
Pastel de Choclo – ein echter Klassiker
Dieser Maisauflauf ist in Chile weit verbreitet und zählt zu den beliebtesten Gerichten. Erstmal machen wir in der Wohnung eine Riesensauerei, als wir den Mais schälen. Südamerikanischer Mais hat nichts mit dem zu tun, was du hier eingeschweißt aus dem Supermarkt kennst. Hier müssen die robusten Blätter des Mais abgezogen werden, die Haare entfernt und mit einem scharfen Messer die Körner rausgeschnitten werden. Ganz schön mühselig. Anschließend wird der Mais mit Milch zerkleinert. In einem Topf wird die Masse unter ständigem Rühren gekocht, bis sie schön breimäßig ist. Frischen Basilikum klein hacken und beigeben. Dann geht´s an den „Pino“ – die Füllung, die wir auch in der Empanada de Pino verwenden werden. In einer großen Pfanne gehackte Zwiebeln und Hackfleisch anbraten. Rosinen und Kreuzkümmel dazugeben und gut durchmischen.
Den Pino in eine Auflaufform geben und mit geviertelten Oliven und Eierscheiben belegen. Das Fleisch vom gegrillten Hähnchenschnkel abtrennen und darauf verteilen. Die Maismasse darüber geben und mit Zucker bestreuen (Das gibt die schöne Kruste). Danach kommt die Pastel bei 200 Grad in den Ofen.
Wir machen in der Zwischenzeit Pause und essen Brot mit Pebre und das mittlerweile gut durchgezogene Ceviche. Ein Traum. Dazu gibt es einen exzellenten Sauvignot Blanc aus dem Colchagua-Tal nahe Santiago.
Empanda de Pino – die chilenische Empanada
Endlich komme ich mal dazu, meine eigene Empanda zu machen. Die Empanada de Pino ist typisch für Chile. Dafür nehme ich Mehl, ein Ei und statt Milch verwenden wir Weißwein. Das ist nämlich das Spezialrezept von Noëlle, dass ihr so von ihrer Oma beigebracht wurde. Und Omas haben ja bekanntlich die besten Rezepte. Das Ganze knete ich ordentlich mit den Händen durch, bis der Teig eine gute Konsistenz hat. Anschließend rolle ich ihn aus und forme einen Kreis von ca. 15 cm Durchmesser. Darauf kommt die Füllung (Pino), eine schwarze Olive und ein halbes rohes Ei (so verlangt es die Tradition). Dann werden die Ränder befeuchtet und gefaltet, bis ich am Ende etwas vor mir liegen habe, was einer Empanada entfernt ähnlich sieht. Als letztes bestreiche ich sie mit Eigelb, steche sie an der Wölbung mit einer Gabel ein (damit sie nicht platzen) und schiebe sie bei 180 Grad in den Ofen. Muy bien.
Fazit der Santiago Food Tour
Meine Empanada konnte sich durchaus sehen lassen für den ersten Versuch. Nachdem wir die zahlreichen Gerichte bis auf den letzten Bissen verputzt hatten, gab es zum Schluss noch kleine, selbstgebackene Alfajores von Noëlle. Ich war kurz vorm platzen, aber glücklich und sehr froh, zu dieser Santiago Food Tour eingeladen worden zu sein. Noëlle ist eine tolle Gastgeberin und weiß so gut wie alles über die chilenische Küche und ihre Besonderheiten. Ich kann dir nur empfehlen, in Santiago an einer Tour von Ihr teilzunehmen und selbst den Kochlöffel unter ihrer Anleitung zu schwingen. Es lohnt sich!
Vielen Dank an die Einladung von Noëlle & Chile Cooks
2 Kommentare
Hallo Daniel,
vielen Dank für deine tollen Inspirationen und Informationen.
Momentan (26.01.2023) bietet Chile Cooks keine Touren an – sehr schade.
Herzliche Grüße, Franka
Ja, leider haben sie die Pandemie nicht überstanden 🙁 Viele Grüße, Daniel