In Chile gibt es natürlich wie in jedem anderen Land einige landestypische Besonderheiten. Dank der langen Zeit im Land und natürlich meiner chilenischen Freunde habe ich so einige der Eigenarten kennenlernen dürfen. Ich habe hier 10 kuriose und witzige Fakten zusammengetragen.
1. Cafe con Piernas
Kaffee mit Beinen heißt das übersetzt, was erstmal ziemlich komisch klingt. Es handelt sich hierbei um in Santiago ansässige Kaffeebars, in denen leicht bekleidete Damen den braunen Muntermacher ausschenken. Insgesamt 250 Cafes dieser Art gibt es in Santiago verteilt. Rauchgeschwängerte Luft und dunkles Ambiente runden dieses typisch chilenische – etwas schlüpfrige – Kulturgut ab. Aber der Kaffee soll wirklich gut schmecken, wenn man der Männerwelt Glauben schenken darf.
2. Der Streit um Pisco Sour
Wer hat´s erfunden? Nein, die Rede ist diesmal nicht von Schweizern, sondern es geht um die Jahrzehnte andauernde Fehde zwischen Chile und Peru um die Entdeckung bzw. Erfindung des bekannten Drinks Pisco Sour, der aus Traubenschnaps, Eiweiß, Zuckersirup und Limette zubereitet wird und bei keinem Essen fehlen darf.
Auch wenn letzlich dieser Konflikt nie ganz geklärt wird, muss ich als neutraler Schwei… ähm Deutscher gestehen, das mir die peruanische Variante des Pisco Sour etwas besser schmeckt. Das darf ich nur meinen chilenischen Freunden nicht verraten! Salud!
3. RUT
Kennt Ihr Eure Steuernummer auswendig? Nein? Ich auch nicht, aber in Chile kennt jeder seine RUT (Rol Único Triputario), denn sie wird bei nicht nur bei Kartenzahlungen aller Art, sondern auch beim Eintritt in Nationalparks, beim Sammeln von Bonuspunkten oder bei der Post benötigt. Auf ein gutes Zahlengedächtnis!
4. Slang
Ja, die Chilenen sprechen spanisch…oder zumindest etwas, was sich entfernt so anhört. Denn zum einen sprechen Sie nicht nur in gefühlter Schallgeschwindigkeit, sondern verschlucken auch gerne mal die ein oder andere Endung oder erfinden komplett neue Wortkreationen.
So bilden Wörter wie huevon (je nach Einsatzbereich hat es viele Bedeutungen, bei Freunden heißt es soviel wie Kumpel, Alter, Bro – im negativen aber auch Idiot, Arschloch etc ), cachai (kapiert?! verstehst du?) oder das allgegenwärtige po (ähnlich dem deutschen „alles klar“) am Wortende unersetzbare Ergänzungen des Wortschatzes.
Das ist einer der Gründe, warum die so beliebten Telenovelas aus vielen Ländern wie Argentinien oder Mexiko importiert werden, aber keine aus Chile in andere Länder…Ihr Slang ist für die Anderen einfach zu schwer zu verstehen. Eine tolle Hilfe für Reisende nach Chile ist das Buch Kauderwelsch Spanisch für Chile* von Reise Know How! ¿Cachai, huevon?!
5. Malls
Vamos al Mall! ist ein beliebter Ausruf chilenischer Familien an den Wochenenden. Wo man bei uns an freien Tagen einen schönen Ausflug in die Natur macht, wird hier intensiv der Konsumlust nachgegangen.
In den riesigen klimatisierten Shoppingtempeln findet sich ein vielfältiges Angebot und natürlich sind alle auch hierzulande bekannten Global Player am Start. In den Obergeschoßen befindet sich meist eine Fast Food Ebene, die Ihrem Namen alle Ehre macht. Ein riesiges Areal, in dem man seinen Hunger von Chinesisch über Sushi bis hin zu fetten Burgern stillen kann und was sich besonders unter den Teenies Chiles großer Beliebtheit erfreut (die Figur freut sich leider nicht, wie man hier feststellen kann).
Hier einige der bekanntesten Malls in Santiago:
- Alto Las Condes, Av. Kennedy 9001, täglich 10-22 Uhr
- Parque Arauco, Av. Kennedy 5413, täglich 10-21 Uhr
- Apumanque, Av. Apoquindo Ecke Manquehue, Mo-Sa 10-21, So 11-21 Uhr
- Costanera Center, Av. Vitacura Ecke Av. Providencia, täglich 10-22 Uhr
- Mall Panorámico, Av. 11 de Septiembre 2155, Mo-Sa 10-21, So 11-21 Uhr
- Mall del Centro, Rosas Ecke 21 de Mayo, täglich 10-21 Uhr
6. Bezahlen
Der größte Schein in Chile ist der 20.000 Pesos Schein, was umgerechnet etwa 23 € entspricht. Warum man diesen Schein nur beim Abheben an Geldautomaten zu Gesicht bekommt? Weil kaum einer damit bezahlt. Und falls doch, wird man angesehen, als wolle man das Gegenüber jeden Moment ausrauben.
Wechseln ist nicht des Chilenen Ding, also macht den Schein schnell klein und deckt Euch mit 1000 – 5000 Peso Scheinen ein. Oder zückt Eure Kreditkarte, denn Kartenzahlungen werden jederzeit auch in kleinen Beträgen akzeptiert.
7. Patriotismus
Egal ob Minenarbeiter im Norden, Fischer in Valparaiso oder Lamazüchter im Süden Patagoniens – sie alle eint die Liebe zu diesem tollen Land und den Stolz bringen sie gerne lautstark zum Ausdruck.
Die chilenische Flagge ist allgegenwärtig und als Tourist bekommt man oft als erste Frage „Te gusta Chile?“ (gefällt dir Chile?) zu hören. Besonders deutlich wird der Patriotismus, wenn es um die angrenzenden Nachbarländer oder Fußball geht. Da wird die Nationalhymne nach Ende der Musik einfach noch 3 Strophen weitergesungen! Gänsehaut garantiert!
8. Deutsche, Kuchen & Biergarten
Der Einfluss der deutschen Einwanderer hat besonders im Süden Chiles seine Spuren hinterlassen. Die typisch deutsche Bauweise der Häuser (nämlich mit Giebeldach anstelle des chilenischen Flachdachs) fällt einem besonders in den Orten wie Frutillar oder Puerto Varas rund um den Llanquihue-See auf. Hier gibts es „Kuchen“, „Strudel“ und man geht auf ein kühles Bier in den Biergarten. Prost!
9. Naturrekorde
Chiles Natur hält gleich mehrere Rekorde, wenn es um Naturphänomene geht. Da wäre zum einen die trockenste Wüste der Welt – die Atacama, wo es an manchen Flecken seit Jahrzehnten nicht mehr geregnet hat. Ebenfalls inmitten der Atacama befindet sich das höchstgelegene Geysirfeld der Welt, die El Tatio Geysire, die auf 4350m Höhe vor sich hinsprudeln.
Quasi um die Ecke befindet sich der höchste Vulkan der Erde, der Ojos del Salado mit einer Höhe von 6893m. Er steht mitten in der trockenen Gegend der Atacama Wüste und ist als zweithöchster Berg des amerikanischen Kontinents nur 60m niedriger als der Aconcagua. Und, das ist besonders interessant, er ist komplett Eisfrei!
Ganz im Süden gibt es am berühmten Kap Horn den größten Schiffsfriedhof der Welt. Schätzungen zufolge wurde die See vor Kap Hoorn mehr als 800 Schiffen und mehr als 10.000 Menschen zum Verhängnis. Bei dem Wind & Wetter kein Wunder!
10. Palta
Die Chilenen sind verrückt nach Avocada, die hier Palta genannt wird. So verrückt, das man Avocada wirklich an jeder Ecke begegnet. Ob auf Completos (so werden die HotDogs in Chile genannt) als dicke Salsa, in Sushi, in Salaten oder einfach zum Frühstück als Butterersatz mit Tomaten obendrauf. Die Obsession geht sogar soweit, das es auf den Burgern von McDonalds statt dem hierzulande bekannten Salatblatt – natürlich – Avocado gibt. Chile ohne Avocado ist wie Deutschland ohne Äpfel – unvorstellbar!
Kennst du noch mehr typisch chilenische Eigenarten oder Geschichten? Was hast du auf deiner Reise nach Chile erlebt? Ich freue mich auf Eure Kommentare!
2 Kommentare
Sehr interessanter und lustig geschriebener Artikel! Hat mir sehr bei meiner Spanisch Presentation geholfen 😉
Liebe Grüße
Jenny-Michelle
Hach, herrlich!
Marcus war immer ganz verrückt nach completo, während mich der „kuchen“ begeistert hat.
Mein Lieblingswort des chilenischen Slangs ist „pololo“ für Freund (im Sinne von novio). Gibt’s natürlich auch in der weiblichen Form und als Verb!¿Quieres pololar conmigo?
Liebe Grüße Gina und Marcus