Unser Abenteuer am Amazonas begann in den frühen Morgenstunden, als wir in Leticia, einer verschlafenen Stadt am Dreiländereck, wo Kolumbien, Brasilien und Peru eine unsichtbare Linie im üppigen Grün des Amazonas ziehen, landeten. Wir waren gespannt und sichtlich aufgeregt auf unsere Amazonas Flusskreuzfahrt mit dem Reiseveranstalter Lernidee, die man so im Leben wahrscheinlich nur einmal macht: in 13 Tagen 1600 Kilometer mit einem Schiff den Amazonas, den größten Fluß der Erde, befahren.
Die Crew der MS La Jangada, unseres charmanten Boutique-Schiffs, erwartete uns bereits in Tabatinga, der brasilianischen Nachbarstadt von Leticia. Mit herzlichen Händedrücken und offenen Lächeln wurden wir an Bord begrüßt. Das Schiff selbst war ausgestattet mit allem Komfort, den man sich auf einer solchen Reise wünschen konnte. Jedes Detail an Bord sprach von der Achtung vor der Umgebung und dem Bemühen, uns so nahe wie möglich an das wahre Herz des Amazonas zu bringen.
Das Design der MS Jangada zeichnet sich durch eine stilvolle Mischung aus traditionell indigenem und modernem Dekor aus, was eine besondere Atmosphäre an Bord schafft. Das Boutiqueschiff bietet Platz für maximal 24 Gäste in 12 Kabinen, die allesamt modern ausgestattet sind und gleichzeitig den Charme der Region widerspiegeln.
Die Kabinen bieten mehr als nur einen Ort zum Schlafen – sie sind kleine Oasen der Ruhe, bieten Luxus ohne Prunk. Jede Kabine ist sorgfältig gestaltet und schafft eine warme, einladende Atmosphäre, mit dunklen Hölzern und hochwertigen Textilien. Große Panoramafenster und ein kleiner Balkon davor öffnen den Blick auf den majestätischen Fluss und den umgebenden Regenwald, sodass man die vorbeiziehende Natur hautnah erleben kann.
Himmlische Betten, Bäder mit eleganten Armaturen und Regendusche mit Bullauge, eine durchdachte Beleuchtung und stilvolle Details sorgen dafür, dass man sich rundum wohl fühlt. Egal ob man in einer der Classic-, Superior-, Deluxe-Kabinen oder in einer der Suiten übernachtet – man wird von der hochwertigen Ausstattung beeindruckt sein.
Am späten Nachmittag unternahmen wir einen Spaziergang durch das kolumbianische Leticia. Die Stadt bewegt sich im ruhigen Rhythmus des alltäglichen Lebens, das sich hier weit entfernt von der hektischen Welt außerhalb des Dschungels abspielte. Wir besuchten das ethnologische Museum, ein bescheidenes Gebäude, das jedoch reich gefüllt war mit Artefakten und Erzählungen, die von der tiefen Verbundenheit der indigenen Völker mit ihrer Umwelt zeugten. Die Exponate boten uns einen ersten, tiefen Einblick in die komplexe Geschichte dieser Region.
Der Höhepunkt des Tages war jedoch der Besuch im Stadtpark bei Sonnenuntergang. Tausende von Papageien kehrten in einer atemberaubenden, fast chaotischen Parade in ihre Schlafbäume zurück. Die kreischenden Rufe füllten die Luft, ein Naturspektakel, das den Park in eine Bühne verwandelte, auf der sich jeden Abend das gleiche Drama abspielt. Es war ein unvergesslicher Anblick, der uns auf die kommenden Tage einstimmte, in denen wir noch viel tiefere Einblicke in die Geheimnisse des Amazonas erhalten sollten.
Auf dem Markt von Benjamin Constant
Am zweiten Tag unserer Reise auf der MS Jangada machten wir Halt in Benjamin Constant, einer Stadt, die als letzter brasilianischer Außenposten an der Grenze zu Peru liegt. Benjamin Constant, benannt nach einem brasilianischen Revolutionär, ist eine lebendige Stadt, die das Tor zur Welt der indigenen Völker des Amazonas darstellt.
Nach dem Frühstück verließen wir das Schiff, um den berühmten Markt der Stadt zu besuchen. Dieser Markt, ein lebhafter Ort voller Farben, Gerüche und Klänge, ist das pulsierende Herz von Benjamin Constant. Hier kommen die Menschen aus der Stadt und den umliegenden Dörfern zusammen, um ihre Waren zu handeln, Geschichten auszutauschen und den Alltag miteinander zu teilen.
Der Markt war ein wahres Fest für die Sinne. Die Stände bogen sich unter der Last unzähliger exotischer Früchte. Hier gab es Mangos in saftigem Orange, Papayas, die schon vom Anblick her das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen, und Bananen in allen möglichen Formen und Größen.
Eine der auffälligsten Früchte ist die Cupuaçu, eine große, braune Frucht mit einer dicken Schale, die ein köstlich cremiges Fruchtfleisch birgt. Sie wird oft zu Saft oder Eiscreme verarbeitet und hat einen einzigartigen, süß-sauren Geschmack. Die Graviola oder Soursop ist eine weitere bemerkenswerte Frucht, die hier verkauft wird. Ihre grüne, stachelige Schale verbirgt ein weißes, weiches Fruchtfleisch, das sowohl roh als auch in Säften und Desserts verwendet wird. Graviola hat einen einzigartigen, leicht säuerlichen Geschmack, der an eine Mischung aus Ananas und Erdbeere erinnert.
Auch Bacaba, eine weniger bekannte Frucht, ist auf dem Markt erhältlich. Sie ähnelt der Açaí, hat aber einen erdigen, leicht nussigen Geschmack. Bacaba-Saft wird in der Region oft als erfrischendes Getränk genossen und ist reich an Antioxidantien.
Nicht zu vergessen ist die Buriti-Frucht, die von der Buriti-Palme stammt. Ihr leuchtend orangenes Fruchtfleisch ist reich an Vitamin A und wird sowohl roh als auch in Form von Öl verwendet.
Ein großer Teil des Marktes ist der Urwaldbeere Açaí gewidmet, die hier in Form von Säften und Pulver verkauft wird und mittlerweile auch bei uns in Deutschland bekannt ist. Die Frucht der Kohlpalme gilt als Superfood und besitzt einen hohen Gehalt an Antioxidantien, Calcium, Magnesium, Eisen und Vitaminen.
Aber nicht nur die Vielfalt der Früchte war beeindruckend, sondern auch die Fülle an frischen Fisch- und Fleischprodukten, die direkt aus dem Amazonas und den umliegenden Wäldern stammten.
Indigene Begegnungen im Regenwald
Am Tag darauf setzten wir unsere Reise fort und erreichten das Gebiet der Matis, einem Stamm, der erst vor wenigen Jahrzehnten begonnen hatte, sich der Außenwelt zu öffnen. Ihr Empfang war herzlich, wenn auch mit einer spürbaren Vorsicht.
Die Matis-Männer, geschmückt mit eindrucksvollen Gesichts-Tattoos und Piercings, teilten ihre Jagdtechniken mit uns, die sie mit Blasrohren und dem gefürchteten Curare-Gift ausführten. Damit jagen sie Affen, Vögel und andere Tiere, die im dichten Regenwald leben. Diese Jagdmethoden sind nicht nur effektiv, sondern auch nachhaltig, da sie nur so viel nehmen, wie sie zum Überleben benötigen. Während unseres Besuchs zeigten uns einige der Jäger, wie sie ihre Blasrohre verwenden und die giftigen Substanzen aus bestimmten Pflanzen extrahieren. Mein Versuch, eine am Baum hängende Frucht zu schießen, war jedoch nicht von Erfolg gekrönt.
Die nächsten Tage führten uns tiefer in den Regenwald. Es war, als würde die Welt um uns herum langsam zur Ruhe kommen, je weiter wir den Fluss hinauf fuhren. Die Geräusche der Zivilisation wurden durch das Summen und Zirpen des Dschungels ersetzt, und die Luft war erfüllt vom Duft feuchter Erde und exotischer Pflanzen.
Am 8. Tag unserer Reise hatten wir das große Glück, an einem traditionellen Ritualtanz des Stammes der Tikuna teilzunehmen. Die Männer und Frauen des Stammes waren in ihre traditionellen Gewänder gekleidet, geschmückt mit Federn und Bemalungen, die ihre Verbindung zur Natur symbolisierten.
Der Rhythmus der Trommeln war hypnotisierend, und bald fand ich mich in den Bann des Tanzes gezogen. Der Tanz war mehr als nur eine Aufführung – er war ein tief verwurzeltes Ritual, das die Tikuna nutzten, um ihre Götter zu ehren und ihre Gemeinschaft zu stärken. Es war ein Moment, der mich tief berührte, weil er mir zeigte, wie Kunst, Spiritualität und Gemeinschaft in diesen Kulturen miteinander verwoben sind.
Nach dem Ritualtanz wurden wir zu einem traditionellen Essen eingeladen, das sie für uns vorbereitet hatten.
Es gab Kaiman und Pirarucu, einen der größten Fische des Amazonas, der wegen seines festen, schmackhaften Fleisches sehr geschätzt wird. Beide wurden auf einfache Weise über dem Feuer zubereitet, mit einem Hauch von Rauch, der dem Fleisch eine besondere Note verlieh. Dazu servierten die Tikuna Maniok, eine Wurzelknolle, die zu einem breiartigen Gericht verarbeitet wurde. Maniok ist ein Grundnahrungsmittel der Tikuna und anderer indigener Völker im Amazonasgebiet, das wegen seiner Vielseitigkeit und seines Nährwerts geschätzt wird.
Der Kaiman, zart und doch bissfest, hatte einen Geschmack, der ein wenig an Huhn erinnerte, aber mit einer etwas festeren Textur. Der Pirarucu war saftig und mild, und er schmeckte hervorragend in Kombination mit dem leicht nussigen Maniok.
Apropos Essen. Das Essen auf der MS Jangada während der Reise ließ keine Wünsche offen. Die Küche kombiniert frische, lokale Zutaten mit internationalem Flair, um den Gästen eine kulinarische Reise durch die Region zu bieten. Täglich werden Fischspezialitäten wie Pirarucu, direkt aus den Gewässern des Amazonas, serviert, begleitet von traditionellen Beilagen wie Maniok und exotischen Früchten, darunter Cupuaçu und Açaí. Die Menüs sind sorgfältig zusammengestellt, um die Geschmacksvielfalt des Amazonasgebietes authentisch widerzuspiegeln, während gleichzeitig auf höchste Qualität und Raffinesse geachtet wird.
Die Atmosphäre im Speisesaal ist entspannt und einladend, mit einem herrlichen Panoramablick auf den Amazonas und seine Ufer.
Die Tierwelt am Amazonas– Von Hoatzin, Flussdelfinen und Kaimanen
Ein weiterer Höhepunkt der Reise war der Besuch des Mamirauá-Nationalpark, einem der bedeutendsten Naturschutzgebiete im Amazonasgebiet. Der Park, der sich über eine riesige Fläche erstreckt, ist berühmt für seine einzigartige Flora und Fauna sowie für seine schwimmenden Wälder, die je nach Jahreszeit unter Wasser stehen. Wir starteten früh am Morgen, als der Nebel noch wie ein Schleier über dem Wasser lag. Unser Boot glitt sanft durch die ruhigen Gewässer, und es dauerte nicht lange, bis wir von der atemberaubenden Schönheit des Parks umgeben waren. Die Bäume, deren Wurzeln tief im Wasser standen, schienen aus einer anderen Welt zu stammen, während Vögel mit prächtigen Farben von Ast zu Ast flogen und Affen über unseren Köpfen von Baum zu Baum sprangen.
Unser Guide, ein Experte für die Tierwelt des Amazonas, führte uns zu einem besonders abgelegenen Teil des Parks, wo die Chancen gut standen, einige der seltensten Tiere der Region zu sehen. Und wir hatten tatsächlich Glück: In den Bäumen über uns entdeckten wir einige Rote Uakari, eine seltenen Affenart, die nur in diesem Teil des Amazonas vorkommt. Diese scheuen Tiere, mit ihrem markanten roten Gesicht und dem dichten, rotbraunen Fell, bewegten sich geschickt durch die Baumwipfel und boten uns ein Schauspiel der besonderen Art.
Doch auch die zahlreich anwesenden und nicht so scheuen Totenkopfäffchen bespaßten uns mit ihren Kletterkünsten und neugierigen Blicken. Ein Traum, der für mich in Erfüllung ging, war die Begegnung mit den Amazonas-Delfinen. Diese rosafarbenen Flussdelfine, die in den Gewässern des Parks leben, sind eine der seltensten und faszinierendsten Tierarten im Amazonas. Es war ein magischer Moment, als einer dieser Delfine direkt neben unserem Boot auftauchte, kurz die Luft anhielt und dann wieder in den Fluten des Flusses verschwand.
Das Amazonasgebiet beherbergt über 1.300 Vogelarten und die Bäume waren jederzeit erfüllt von den Rufen exotischer Vögel. Die Lebensräume weisen eine enorme Vielfalt auf, von überschwemmten Wäldern bis hin zu hoch aufragenden Baumkronen, und bieten einen Zufluchtsort für eine erstaunliche Vielfalt geflügelter Wunder. Hier findet man zahlreiche Arten von Kolibris, Spechten, Reihern und Eisvögel.
Besonders die Aras, mit ihrem leuchtend roten und blauen Gefieder, zogen meine Aufmerksamkeit auf sich. Es war fast surreal, diese majestätischen Vögel in freier Wildbahn zu sehen, wie sie paarweise hoch über die Baumwipfel hinweg flogen.
Zu den auffälligsten Vögeln gehört der Hoatzin, auch bekannt als „Stinkvogel“ aufgrund seines markanten Geruchs. Er lebt in den sumpfigen Uferregionen des Amazonas. Der Hoatzin hat ein ungewöhnliches Verdauungssystem, das dem von Wiederkäuern ähnelt, da er in der Lage ist, Blätter in seinem Kropf am Hals zu fermentieren. Mit seinem spitzen Federkamm und den leuchtenden Augen wirkt der Hoatzin wie ein Relikt aus der Urzeit.
Was wir an den täglichen Bootsausflügen besonders genossen haben, war die Beobachtung der Faultiere. Diese langsamen, friedlichen Kreaturen hingen in den Bäumen, fast unsichtbar in ihrem dichten Laubversteck. Es erforderte Geduld und einen geübten Blick, um sie zu entdecken, aber als ich eines der Tiere erspähte, war ich fasziniert von seiner entspannten Art, die Welt in Zeitlupe zu erleben.
Einen Abend machten wir uns auf die Suche nach dem schwarzen Kaiman. Ausgestattet mit Taschen- und Stirnlampen suchten wir in Ufernähe nach den nachtaktiven Jägern, die auf Wasserschweine, Otter, Vögel und Fische lauern. Unser Guide Raphael, langjähriger Expeditionsleiter auf der La Jangada, wusste genau, wo er suchen musste und so sahen wir mehrere Exemplare dieser faszinierenden Tiere, die bis zu sechs Metern Länge erreichen können. Noch mehr Glück hatten wir in einem Seitenarm des Amazonas am vorletzten Tag unserer Reise, wo ich ein Prachtexemplar am helllichten Tag auf einem Baumstamm entdeckte.
Das Leben der Menschen am Amazonas
Mit jedem Tag, den wir weiter den Fluss hinabfuhren, öffnete sich uns eine neue Facette des Lebens am Amazonas. Wir besuchten kleine Dörfer, die nur per Boot erreichbar waren, und erlebten, wie die Menschen hier ihr Leben im Einklang mit dem Fluss und dem Dschungel gestalten.
Wir machten Halt in der kleinen Amazonasstadt Jutaí, einem abgelegenen Ort, der tief im Herzen des brasilianischen Regenwaldes liegt. Schon bei unserer Ankunft spürte ich, dass dieser Ort eine besondere Atmosphäre hatte. Jutaí war weder groß noch modern, doch die Menschen hier strahlten eine bemerkenswerte Freundlichkeit und Offenheit aus.
Der Höhepunkt unseres Besuchs war der Besuch einer lokalen Schule, ein Erlebnis, das mir noch lange in Erinnerung bleiben wird. Die Schule war zwar sehr einfach, aber gut gepflegt, und die Kinder begrüßten uns lautstark, mit strahlenden Gesichtern und neugierigen Blicken. Besonders exotisch für sie war, dass wir aus Deutschland kamen, was für sie unendlich weit weg erscheint.
Die Lehrerinnen, die hier arbeiten, leisten eine unglaubliche Arbeit unter oft schwierigen Bedingungen mit großen Klassen und bescheidener Ausstattung. Sie erzählten uns von den Herausforderungen des Schulbetriebs in einer so abgelegenen Region, wo es an Ressourcen mangelt und die Wege oft lang und beschwerlich sind. Einige der Kinder nehmen täglich mehrere Stunden Fahrt mit Booten auf sich, um den Unterricht zu besuchen.
Es war eindrucksvoll, in den Tagen auf dem Schiff einen kleinen Einblick in das Leben der Menschen am Amazonas zu bekommen. Viele der Menschen in den Dörfern entlang des Amazonas sind Fischer. Das Fischen ist nicht nur eine Arbeit, sondern eine Tradition, die von Generation zu Generation weitergegeben wird. Mit einfachen Netzen und handgefertigten Kanus fahren die Fischer hinaus, um den Fang des Tages zu machen. Die Fischarten, die sie aus dem Fluss holen, variieren je nach Jahreszeit, und jede Art hat ihre eigene Fangtechnik. Besonders begehrt sind große Fische wie der Pirarucu, einer der größten Süßwasserfische der Welt, der hier eine wichtige Nahrungsquelle darstellt.
Doch das Leben am Amazonas ist auch mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Die Abgeschiedenheit der Region bedeutet, dass der Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und Märkten eingeschränkt ist. Viele Dörfer sind nur per Boot erreichbar, und die Wege in die nächste größere Stadt können mehrere Stunden oder sogar Tage dauern. In der Regenzeit, wenn der Fluss stark anschwillt, werden viele Dörfer überschwemmt, was das Leben noch schwieriger macht. Die Menschen haben jedoch gelernt, mit diesen Extremen zu leben, und haben Techniken wie das Bauen von Pfahlhäusern entwickelt, um ihre Häuser und Felder vor den Fluten zu schützen.
Der „Schwarze Fluss“ – Begegnung der Wasser
Am Morgen unseres zwölften Tages erreichten wir einen der spektakulärsten Orte unserer Reise. Der Ort, an dem der schwarze Rio Negro auf den hellbraunen Amazonas trifft, wird als „Encontro das Águas“ (Begegnung der Wasser) bezeichnet. Hier fließen die zwei mächtigen Flüsse eine zeitlang nebeneinander her, ohne sich sofort zu vermischen – ein spektakuläres Schauspiel, das durch die unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften der Flüsse entsteht.
Der Rio Negro, dessen aufgrund von Zersetzungsprozessen von Laub und Vegetation fast schwarz erscheint, ist von Natur aus säurehaltig und nährstoffarm. Seine geringe Temperatur, höhere Dichte und der langsame Fluss machen es ihm schwer, sich sofort mit dem Amazonas zu verbinden. Im Gegensatz dazu ist der Amazonas – der an dieser Stelle vom Rio Solimões gespeist wird – ein warmer, schneller und mineralreicher Fluss, dessen Wasser durch Sedimente aus den Anden eine sandige, hellbraune Färbung aufweist.
Diese beiden Flüsse fließen auf einer Länge von mehreren Kilometern nebeneinander her, ohne sich zu vermischen, bevor sie schließlich zu einem einzigen mächtigen Strom werden. Der Kontrast zwischen dem dunklen Wasser des Rio Negro und dem hellen, sedimentreichen Wasser des Amazonas ist so deutlich, dass die Trennlinie zwischen den beiden Flüssen fast wie mit einem Lineal gezogen erscheint.
Die „Begegnung der Wasser“ ist nicht nur ein geologisches und hydrologisches Wunder, sondern auch ein spiritueller Ort für die Menschen des Amazonas. Viele Einheimische sehen in diesem Naturphänomen die Verkörperung von Gegensätzen, die harmonisch nebeneinander existieren können – eine Lektion, die tief in der Kultur und den Überzeugungen der Amazonasvölker verwurzelt ist.
Ankunft in Manaus – Eine Stadt der Kontraste
Manaus, eine Großstadt, die wie keine andere mitten im Urwald liegt, war das letzte Ziel unserer Reise. Schon bei der Ankunft spürte ich den Kontrast zu den abgelegenen Dörfern, die wir auf unserer Reise besucht hatten. Die Stadt, die im 19. Jahrhundert während des Kautschukbooms zu Reichtum gelangte, zeigte sich uns als lebendige Metropole, in der die Vergangenheit und die Gegenwart auf faszinierende Weise verschmelzen.
Wir besuchten das berühmte Teatro Amazonas, ein prächtiges Opernhaus, das während des Kautschukbooms erbaut wurde. Manaus sollte Ende des 19. Jahrhunderts das kulturelle Herz der Region werden, ein Stück europäischer Glanz mitten im Dschungel. Also importierten sie einen italienischen Architekten, der den wohlklingenden Namen Celestial Sacardim trug, um ein Opernhaus zu bauen. Er entwarf ein architektonisches Meisterwerk: Säulen aus Carrara-Marmor, Kronleuchter aus Muranoglas, 36.000 handbemalte Dachziegel aus dem Elsass, Parkettböden aus Walnuss, Eiche und norwegischem Ahorn, Wandteppiche aus den Webstühlen Flanderns. Liverpooler Gießereien lieferten den Stahl. Doch der Traum währte nur kurz. Als der Kautschukboom endete und die Preise fielen, verfiel auch das Opernhaus, so wie die Träume seiner Erbauer.
Heute ist es ein Symbol für den einstigen Reichtum der Stadt, und die elegante Architektur, kombiniert mit der Tatsache, dass es mitten im Regenwald steht, machte diesen Besuch zu einem unvergesslichen Erlebnis. Als ich das imposante Gebäude betrat und die reich verzierten Säle bewunderte, konnte ich die der damaligen Epoche erahnen.
Abschied vom Amazonas
Am letzten Morgen unserer Reise fiel mir der Abschied schwer. Ich hatte mich an das Leben auf der MS Jangada gewöhnt, an die tägliche Routine des Flusses, das enge Miteinander mit der Crew und den anderen Reisenden, und an die ständige Präsenz der ungezähmten Natur des Amazonas.
Der Rückflug von Manaus nach Santiago bedeutete die Rückkehr in die Zivilisation, aber die Erinnerungen an diese Reise werden mich noch lange begleiten. Der Amazonas hatte mir eine Welt gezeigt, die sowohl wunderschön als auch fragil ist. Eine Welt, die unsere Aufmerksamkeit und unseren Schutz braucht, damit auch zukünftige Generationen die Möglichkeit haben, die Wunder dieses einzigartigen Ortes zu erleben.
Die Reise auf der MS Jangada mit Lernidee war mehr als nur eine Flusskreuzfahrt. Sie war eine tiefgehende Erfahrung, die mich mit der Natur und den Menschen des Amazonas auf eine Weise verbunden hat, wie ich es niemals erwartet hätte. Von den ersten Begegnungen mit den Einheimischen in Tabatinga über die faszinierende Tierwelt bis hin zu den kulturellen Erlebnissen in den Dörfern und Städten – jede Etappe dieser Reise war ein einzigartiges Abenteuer, das ich die vergessen werde.
Diese Reise wurde unterstützt von Lernidee Erlebnisreisen. Vielen Dank für die Möglichkeit!
1 Kommentar
Eine solche Amazonas Flusskreuzfahrt steht definitiv ganz oben auf meiner Liste – ich wollte schon immer nach Lateinamerika, und diese Beschreibungen wecken nur noch mehr die Abenteuerlust. Es muss unglaublich sein, die Magie des Regenwaldes hautnah zu erleben, von der bunten Vielfalt auf dem Markt bis hin zum ruhigen Rhythmus des Flusses. Was für ein Erlebnis!