Ein von den Anden eiskalt herabströmender Fluß, üppig bewachsene Ufer in allen erdenklichen Grüntönen, Vögel und Insekten, die die Luft mit ihren charakteristischen Geräuschen erfüllen. Dieses Zusammenspiel sinnlicher Erfahrungen ist Teil des Abenteuers beim Rafting auf dem Rio Trancura im Süden von Chile.
Bei der Abfahrt von Pucon in Richtung des Trancura Flusses war die fünf-köpfige Gruppe und ich von Erwartung und Unsicherheit erfüllt. Die Anspannung war förmlich spürbar. Der Fluss gehört zur Kategorie 3-5, also in den oberen Abschnitten (Alto genannt) schon ziemlich aufbrausend, lacht unser Guide Andrés. Der untere Abschnitt (Bajo), den wir heute erobern wollen, wäre das „Kinder“ Rafting. Ok, das klingt ja erstmal nicht ausserordentlich spannend. Die Mädels wollten es so, entgegnete ich und fange mir böse Blicke von der Seite ein.
Zuerst halten wir an einem weiteren Gebäude, um das Boot aufzuladen und mit Neopren Anzügen und Helmen ausgerüstet zu werden. Schon hier stellt sich schnell heraus, das es beim Rafting um Teamwork geht. Gemeinsam hieven wir das schwere Boot auf den Anhänger hinter unseres Vans.
Fertig. Es kann losgehen und wir fahren von Pucón in Richtung argentinische Grenze. Die umliegende Landschaft repräsentiert den Süden Chiles auf schönste Art und Weise. Schneebedeckte Vulkane, haushohe Araukanienbäume und ein immer wilder werdender Fluss säumen den Straßenrand. Von wegen Kinder Rafting, denke ich mir, als ich die ersten Stromschnellen des Rio Trancura erblicke.
Der Trancura entspringt hoch oben nahe des Volcan Lanin, schließt sich mit dem Rio Puesco zusammen und wird nach 20 Kilometern von einem kleinen, unscheinbaren Gebirgsbach zu einem reißenden, mächtigen Gewässer.
Rafting Trancura: Safety first!
An der Anlegestelle angekommen werden wir über die Sicherheitsvorkehrungen instruiert. Unser Guide zeigt uns, wie wir die Helme, Schwimmwesten und Neoprenanzüge, die uns gegen das kalte Wasser schützen, anlegen sollen. Danach weist er uns über die möglichen Szenarien während unserer Fahrt hin und das Teamwork das A und O einer jeder erfolgreichen Rafting Tour ist.
Erstmal umziehen und sich in die Superhelden Kluft schmeißen. Leichter gesagt als getan. So ein Neopren Anzug ist wirklich verdammt eng und vermittelt anfangs das Gefühl von Wurst in Pelle. Nachdem auch mein chilenischer Freund, der ein wenig mehr Gewicht auf die Waage bringt, es mit meiner Hilfe geschafft hat, sich einzukleiden, heißt es Boot abladen, die ersten Trockenübungen absolvieren und natürlich darf ein Gruppenfoto nicht fehlen.
„Ganz besonders wichtig ist es das T des Ruders fest in der Hand zu halten, denn es könnte jemand verletzen oder man verliert es und einer der mitfahrenden Guides muss es mit Mühe und Not wieder aus dem Fluss fischen“. Die Ansagen kommen freundlich, aber bestimmt und machen klar, dass es sich nicht um eine Kaffeefahrt handelt.
Wir lernen, was man macht, wenn jemand über Bord geht (Das Boot umlaufende Seil festhalten und den Abkömmling am oberen Teil seiner Schwimmweste wieder ins Bot ziehen.) Ist man selbst der MOB (Mann über Bord), dann heißt es gerade hinlegen, die Füße in Strömungsrichtung strecken und hoffen, das gerade kein Felsbrocken in der Nähe ist. David, unser 2. Guide wird den Tross mit dem Kajak begleiten und eine Art Sicherheitspatrouille bilden. Sehr beruhigend.
Rafting Trancura: Rein ins wilde Gewässer
So, nach aller Theorie geht es nun ins Wasser. Alle helfen mit, das Boot vom Anhänger in das seichte Uferwasser zu verfrachten. Hier machen wir einige Übungen, um den Umgang mit dem Paddel und die richtige Sitzposition zu erlernen. Man klemmt sich praktisch mit den Beinen zwischen den Sitzen ein, um mehr Halt zu haben. Auch die Kommandos unseres Kapitäns werden uns lautstark eingetrichtert. Dann kann ja nichts schiefgehen.
Los geht der wilde Ritt flussabwärts. Bei der Fahrt durch die ersten Stromschnellen steigt der Adrenalinspiegel. Beim Durchqueren von Wellen und felsigen Abschnitten stoßen wir erste kleine Schreie aus. Durch das tosen des Flusses und damit verbundenen Lautstärkepegels kommen die Kommandos des Guide nur schwerlich bei uns an und wir drehen uns wie ein T-Shirt in der Waschmaschine.
„Muy mal, you can do it much better“ holen wir uns unsere erste Standpauke in Spanglish ab, nachdem wir kurzzeitig eine kleine Ruhephase erleben. Und kaum sind die Worte verklungen, bewegt sich unser Boot kein Meter mehr. Wir sind auf einen riesigen im Fluss liegenden Felsen aufgefahren. Das hat er extra gemacht, ist mein erster Gedanke und ja, die 2. Standpauke folgt umgehend. Wir müssen den Kommandos sofort Folge leisten und nicht wild rumrühren, als würden wir Suppe kochen wollen. Rumms. Das hat gesessen. Von nun an klappt das Zusammenspiel wesentlich besser.
Rafting Trancura: Power & Teamwork ist der Schlüssel
Das Rudern auf der Strecke erfordert einiges an Kraft, denn oft muss man gegen die Strudel und Gegenströmungen ankämpfen. Hier ist das Wasser besonders turbulent und so auch die Gefahr, das das Boot kentern könnte. Doch mittlerweile sind wir dem Fluss gewachsen und meistern die nächsten schnellen Passagen mit Bravour. Rafting ist absolutes Teamwork und jeder muss sich auf den anderen verlassen können. Das Zusammenspiel aller Teammitglieder ist wichtig für den Erfolg auf dem Wasser. Auch die Schwächeren zieht man mit und baut sie immer wieder auf. Rundherum ertönen laute Schreie, als sich das Boot hebt und abrupt wieder absenkt. Mein chilenischer Freund hängt vorne über und droht aus dem Boot zu fallen, als ich mich ohne lange zu überlegen an seine Weste klammere und Ihn wieder ins Boot ziehe. Schwein gehabt. Mittlerweile bin ich klatschnass bis auf die Haut. Geiles Gefühl!
Wir nähern uns nach 12 Km und 2 Stunden dem Ende einer aufregenden Tour. An einem großen Felsblock legen wir an und bekommen das erste mal an diesem Tag ein Lob unseres Guides. Geht doch. Ich fühle mich großartig. Meine Gedanken sind klar und fokussiert. Trotz der Aufregung und Anstrengung fühle ich eine innere Ruhe. Beim Rafting widmet man sich einfach dem Moment, der nächsten Welle, dem nächsten Felsen. Das Zusammenspiel aus Natur, Kraft, Abenteuer und Teamwork ist einmalig.
So, ab ins Wasser. Wie jetzt? Na, von dem Felsen. Ok. Cool. Wir stellen uns brav in einer Reihe auf und springen mit Enthusiasmus in das Wasser des Flusses. Beim Eintauchen fühle ich mich frei….einfach nur frei. Ich lasse mich einige Sekunden vom Wasser tragen, spüre seine unbändige Kraft , seine Energie, seine Kälte. Und sende dem Fluss ein dickes Dankeschön für dieses wahnsinnige Erlebnis….(Ps: Mein Sprung sieht ein wenig komisch aus 😉
Rafting Trancura Informationen
- Ausgangspunkt der Rafting Tour ist das Städtchen Pucón, die Outdoor Hauptstadt von Chile mit unzähligen Tourangeboten. Pucón erreichst du von Santiago am besten mit dem Nachtbus (über Temuco, ca. 30.000 CLP = 40 Euro)
- Ich habe die Tour mit Turismo Trancura (O`Higgins 211) gemacht. Es gibt viele Anbieter in Pucón, achte jedoch auf eine entsprechende Zertifizierung. Ich kann diesen Anbieter uneingeschränkt empfehlen. Ausserdem bekommt man hinterher noch eine Menge guter GoPro Foto- und Videoaufnahmen.
- Kostenpunkt 20.000 CLP (ca. 25 Euro) inkl. Ausrüstung.
- Stelle sicher, das deine Guides in Erste-Hilfe ausgebildet sind.
- Überprüfe deine Ausrüstung und sprich gleich an, falls etwas nicht ok sein sollte.
Bist du auch mal geraftet? Wie waren deine Erfahrungen? Ich freue mich über deinen Kommentar.