Ok, zugegeben, das Wetter ist nicht ideal für einen Besuch einer Therme. Pucon, 32 Grad, die Sonne brennt. Was klingt wie in der abgedroschenen 3-Wetter Taft Werbung ist heiße Realität im Sommer des chilenischen Südens. Und doch will ich sie sehen und bin neugierig auf die in Reiseführern und Tourismusbroschüren gepriesenen schönsten Thermen in Chile, die Termas Geometricas.
Gesagt, getan, Tour gebucht. Die Thermen auf eigene Faust zu erreichen ist nur mit einem gemieteten Allrad-Fahrzeug und dazugehörigen Fahrkünsten möglich. Falls man dann überhaupt den Weg findet, der sich von Pucón aus 80 Kilometer über enge, steinige Schotterpisten in Richtung des Villarica Nationalparks bewegt.
Die vorbeiziehende Landschaft lässt die Herzen aller Naturfreunde höher schlagen. Vorbei an endlos scheinenden Araukanienwäldern, Coihue Südbuchen und dem über allem thronenden Villarica Vulkan ruckeln wir in unserem Allradfahrzeug dem ersehnten Ziel entgegen.
Nach 2 Stunden endlich da. Gut so, der Hintern schmerzt. Am Eingang entrichten wir die selbst für chilenische Verhältnisse happigen 48.000 CLP (etwa 50 Euro) Eintritt. Dafür erhält man ein Handtuch und einen Spindschlüssel. Ok, da muss aber jetzt was kommen, denke ich mir mit gemischten Gefühlen.
Aber der erste Eindruck macht das eben gezahlte Salär wieder wett. Über rot angestrichene Südbuchen Stege geht es zu den Umkleidekabinen, die aus dem selben Material bestehen. Rein in die Thermenkluft, sprich Badehose plus Handtuch um die Schulter, vorbei am Hauptgebäude, in dem chilenische Familien fleißig Pizza mampfen. Hinein in die Oase der Entspannung inmitten der südchilenischen Wildnis.
Orientiert an japanischen Vorbildern schuf der chilenische Architekt Germán del Sol hier ein Meisterwerk der Thermenwelt. Sein Ziel war, dass die Menschen seines Landes die schroffe chilenische Landschaft nicht nur vom Anschauen kennen lernen, sondern diese wirklich hautnah erleben. So schuf er in dieser schwer zugänglichen Gegend seine ganz eigene Vorstellung einer Therme. Man möchte ihn dafür knutschen.
Schon nach den ersten Schritten fühle ich mich wie Hugh Hefner in der Playboy Mansion. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. LKW Reifen große Farne wachsen entlang des Stegs, der im Zickzack Muster eine tiefe, atemberaubende, grün bewachsene Schlucht durchzieht. Unter den Stegen verlaufen Wasserrinnen aus Holz. Über sie wird das Wasser, das mit einer Temperatur von 65 bis 85 Grad Celsius aus dem Boden austritt, in die Therme geleitet. 17 heiße und 2 kalte natürliche Becken stehen dem nach Erholung dürstenden Besucher zur Verfügung. An den größten befinden sich Umkleidemöglichkeiten in Form kleiner Holzhütten. Jeder dieser Bauten ist perfekt in die umliegende Natur integriert. So sollte Architektur funktionieren.
Wie anfangs beschrieben sind wir mitten im chilenischen Sommer und ich lasse die Becken erstmal links liegen. Diese Thermen schreien eher nach einer Erkundungstour als nach genüßlichem Relaxen. Das kann warten. Ich stoße tiefer und tiefer in die Schlucht vor. Kleine dampfende Bassins voller heißem Vulkanwasser hüllen meinen Weg und die nahe Umgebung in ein unwirkliches Wolkenmeer.
Der austretende Dampf erzeugt im Tal ein angenehmes Mikroklima, das auch das Wachstum der Pflanzen anregt. Mit dichtem Moos bewachsene Baumstämme kreuzen meinen Weg, wie an unsichtbaren Fäden gezogen schweben Libellen lautlos an meinem Kopf vorbei. Die Sonnenstrahlen bahnen sich Ihren Weg durch die dichten Baumkronen und tauchen alles in ein magisches Licht. Ein Szenario, das sich kein Märchenerzähler dieser Welt besser hätte ausdenken können.
“No entrar – agua muy caliente” Schilder und Maschendraht deuten links und rechts des Weges auf die nicht betretbaren, siedend heißen Wasser der Therme hin. Seit Jahrtausenden schon heizt der Villarica Vulkan hier das Wasser auf, das über Erdspalten und unterirdische Flussläufe an die Oberfläche gespült wird. Wir Menschen sind die glücklichen Nutznießer eines langanhaltenden natürlichen Phänomens.
1,2 Kilometer weiter und viele Glücksmomente reicher gelange ich an das Ende des Stegs, wo mich ein eiskalter Wasserfall (eine willkommene Erfrischung nach dem Bad in den Thermen) in seiner ganzen Pracht erwartet. 15 Meter in die Tiefe schießt hier das kalte Oberflächenwasser des Rio Estero hinab und vermischt sich mit dem heißen Wasser der Schlucht.
Zeit für Entspannung. Ich steige in ein menschenleeres Becken am Wegesrand. “Shit, ist das heiß”, signalisiert mein rechter Fuß dem Gehirn. Tja, selbst schuld – wie so oft im Leben gilt: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. 42 Grad stehen auf der analogen, natürlich in rot angestrichenem Holz gefertigten Anzeigetafel. Ok, das ist mir bei 32 Grad Außentemperatur doch zu viel des Guten und ich suche mir einen gemäßigten 34 Grad Pool. Viel besser. Die nächste Stunde wird entspannt, die Natur genossen und vor einer Schar Kinder geflüchtet, die die Thermen mit dem Freibad Wanne-Eickel verwechseln und lautstark einen Arschbomben Contest vollführen.
Die Zeit vergeht schnell. Ein letztes mal schließe ich die Augen und gedanklich den Lobeshymnen an. Die Termas Geometricas sind Ihr Eintrittsgeld wert und falls du den Süden Chiles besuchst, ein absolutes Pflichtprogramm. Vergiß alles, was du bisher an Thermen gesehen hast. Die einzigartige Lage und die liebevolle Bauweise der Termas Geometricas sind wirklich einmalig.
Öffnungszeiten und Preise
Einlass von 10:00 bis 11:00 Uhr.
Erwachsene $42.000 Kinder $30.000
Einlass von 12:00 bis 16:00 Uhr
Erwachsene $48.000 Kinder $30.000
Einlass von 17:00 bis 19:00 Uhr.
Eintritt Erwachsene $44.000 Kinder $30.000
Lange Wochenenden und Feiertage
Einlass von 09:00 bis 10:00 Uhr.
Eintritt Erwachsene $44.000 Kinder $30.000
Einlass von 11:00 bis 12:00 Uhr.
Eintritt Erwachsene $48.000 Kinder $30.000
Einlass von 14:00 bis 16:00 Uhr.
Eintritt Erwachsene $48.000 Kinder $30.000
Einlass von 18:00 bis 20:00 Uhr.
Eintritt Erwachsene $44.000 Kinder $30.000
Hinkommen:
In Pucon bieten alle großen Tour-Agenturen die Fahrt zu den Thermen an. (ca. 50.000 CLP, ohne Eintritt zu den Thermen) Die Fahrt dauert ca. 2 Stunden, in den Thermen selbst hast du 2,5 Stunden, bevor es wieder auf den Heimweg geht).
Mehr Infos findest zur Therme du unter auf der Webseite der Termas Geometricas.
Hast du auch schon heiße Erfahrungen gemacht? Dann teile sie mit mir in den Kommentaren.
7 Kommentare
Hallo Daniel, wir waren Ende Dezember 2023 bei den Termas Geometricas. Die Fahrt dorthin ist zwar auf einer Schotterstrasse, aber mit jedem Auto zu schaffen ( der niedrigste Kleinwagen, 14 km mit ganz wenigen Schlaglöchern).
Der Eintritt beträgt 48.000 Pesos und nicht mehr 24.000. Die Anlage ist schön, aber zu teuer
Hallo Stefan, danke, ich habe die Infos geändert. Es war vorher schon teuer, nun ist es wirklich grenzwertig. Viele Grüße!
Hallo Daniel,
nun schon der nächste Tip, vielen Dank. Bin noch in Valdivia, habe ein bisschen Pech mit dem Museum, ist leider geschlossen.
Aber ich genieße auch so meine Zeit hier.
Nächster Stopp ist dann Pucon. Und da freue ich mich nun sehr auf die Thermen. Passt das denn mit der Zeit? 2,5h sind ganz schön kurz, oder?
Auf alle Fälle ganz lieben Dank für diese schöne Beschreibung, ich freue mich sehr darauf!
Ganz liebe Grüße
Isabel
Hallo Isabel,
Also ich fand die Zeit genau richtig. Im Sommer ist ja auch wärmer, da bleibt man sowieso nicht so ewig im heißen Wasser.
Viel Spass und viele Grüße
Daniel
Cooler Artikel =) Diese Thermen muss ich auch mal besuchen. Ich habe deinen Text verlinkt auf meinem Post über die Aktivitäten in Pucón: http://www.adventureluap.de/pucon-chile/
Danke dass ich auch das Bild verwenden konnte. Weiter so! Paul
Ein wirklich lesenswerter Artikel! Bringt Spaß “mitzureisen”, hier schau ich jetzt regelmäßig vorbei 🙂
Vielen Dank Nina 🙂